Unterwegs nach Gratenfels
Inhaltsverzeichnis
Eintrag vom Travia 1006 BF
Die Reise durch Andergast gestaltet sich als recht eintönig. Hier ist nicht viel los, die Dörfer sind verschlafen, die Menschen etwas hinterwäldlerisch. Sie sind einfach noch Jahre hinten in der Entwicklung im Vergleich zum Mittelreich. Wir ziehen weiter Richtung Süden nach Thurana. Manchmal habe ich das Gefühl, alleine zu reisen. Vater Corvus spricht so gut wie nichts den ganzen Tag, und Aridhel läuft immer abseits der Straße um zu kundschaften. Wir wurden gewarnt, dass hier in der Gegend oft Diebespack aus Nostria ahnungslose Reisende angreift und überfällt. Aber bis jetzt ist alles ruhig. |
Eintrag vom Travia 1006 BF
Wir sind mittlerweile in Thurana angekommen. Es ist ein Dorf mit ein paar hundert Einwohnern. Sehr primitiv, aber hübsch. Auffallend sind die schönen Fachwerkshäuser mit den gekalkten Wänden. Sonst jedoch ist in diesem Dorf absolut nichts los. Wie sehne ich mich nach einer anständigen Stadt! Aridhel scheinen diese Dörfer hier jedoch besser zu gefallen.
Als wir durch Egelingsfenn kamen, hat uns das Schreiben der Spektabilität einiges an Ärger gespart. Alle Durchreisenden wurden genauestens durchsucht und befragt. Jede kleinste Verbindung zu Nostria würde einen sofort zu einem Spion machen. Wir konnten jedoch problemlos passieren, auch wenn sie Aridhel etwas schräg angesehen haben. Doch die Anwesenheit eines Boroni hat ihr Übriges getan, so dass wir bald weiterziehen konnten. |
Eintrag vom Travia 1006 BF
Wir sind seit drei Tagen hier, ich brauche eine Pause von der ständigen Herumreiserei. Am Thuransee kann man einige Ruderboote sehen. Darin sind einige Soldaten zu sehen. Die werden hier doch nicht etwa mit diesen primitiven Dingern eine Seeschlacht führen wollen? Doch wenn ich die Menschen hier so beobachte, traue ich ihnen das auch noch zu. |
Eintrag vom Travia 1006 BF
Endlich wieder im Mittelreich, wo es zivilisiert zugeht! Um ein Haar hätten wir Probleme mit einem Grenzposten der Nostrianer bekommen, doch das imposante und respekteinflössende Auftreten Vater Corvus’ hat uns vor jeglichem Ärger gerettet. Wenn sie bei uns das Dokument der Spektabilität gefunden hätten… ich wage gar nicht daran zu denken, was dann alles passiert wäre!
Morgen sollten wir Winhall erreichen. Vater Corvus hat mir erzählt, dass es dort einen berühmten Boron-Tempel gibt. Ich freue mich schon sehr darauf, endlich wieder in einer größeren Stadt zu sein! |
Eintrag vom Travia 1006 BF
Ich wohne in der Herberge „Grenzwacht“, der einzig anständigen in der ganzen Stadt. Sie ist außerdem eine Wechselstation für die Beilunker Reiter. Vielleicht schicke ich einen Brief an meine Familie, sie haben schon lange nichts mehr von mir gehört.
Der Boron-Tempel ist wirklich beeindruckend, Vater Corvus hat mir nicht zu viel versprochen! Es ist ein riesiges Gebäude, etwa acht Schritt hoch mit einem wunderschönen Säulenvorbau. Dazu kommt ein bronzenes Doppelportal, dessen Flügel von Obsidianraben geschmückt werden. Ich habe noch nie etwas so Imposantes gesehen. Vater Corvus hat sich gleich zur Meditation in den Tempel zurückgezogen, ein gewisser Bruder Nercis ist der Vorsteher, er hat uns begrüßt. Das war aber auch schon das Einzige, was ich aus seinem Munde hörte. Ich habe die beiden allein gelassen und bin durch Winhall gebummelt. Aridhel ist im Wald geblieben, so hatte ich etwas Zeit für mich. |
Eintrag vom Travia 1006 BF
Honingen – was für Erinnerungen werden da wach… hier hat vieles stattgefunden, das mein jetziges Leben geprägt hat. Aus Nostalgiegründen habe ich beschlossen wieder im „Zum Roten Einhorn“ zu übernachten. Ich konnte es mir nicht verkneifen, in der Nacht einen Blick auf den Dachboden zu werfen. Zur Sicherheit habe ich mich mit einem Visibili belegt. Im Gasthaus hat sich nichts verändert. Nur dass es jetzt im Efferd zu nächtlicher Stunde wohl viel ruhiger geworden ist.
Was wohl Gritten, Murraya und Herr Trautmann machen? Ich habe nicht einmal eine Möglichkeit mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Wie gerne würde ich sie wiedersehen! Es ist ein guter Moment, das letzte Jahr noch einmal in Ruhe Revue passieren zu lassen. Ich bin hier ganz allein, Aridhel übernachtet im Wald und Vater Corvus wieder im örtlichen Boron-Tempel. Was ist nur alles passiert? So viele Erlebnisse, so viele Menschen, so viele neue Freunde und Freundinnen. Traurig, dass ich viele von ihnen nie wieder sehen werde. Und doch sind sie alle in meiner Erinnerung lebendig. Viele werden noch kommen, und viele werden wieder gehen. Einige werden zu festen Gefährten und Gefährtinnen, oft die, von denen man es am Wenigsten erwartet. Ich hätte es mir nie gedacht, dass ich eines Tages mit einem Boroni und einem Elf unterwegs sein werde! Immerhin, Leudalia und Leomar werde ich in ein paar Tagen wieder sehen. Wie es ihnen wohl im letzten Jahr ergangen ist? Ich bin mir sicher, Leudalia ist eine noch bessere Kämpferin geworden. Und Leomar, nun, ich habe keine Ahnung, was der eigentlich so treibt. Wenn ich so darüber nachdenke, kann ich mich nicht erinnern, jemals so eine intensive Zeit erlebt zu haben. Die Jahre auf der Akademie erscheinen mir wie eine große graue Nebelschwade, die Erlebnisse im letzten Jahr hingegen sind klar und deutlich. Ich freue mich sehr auf die Festtage in Gratenfels. Aridhel möchte sich mit Meister Balthasar Balthusius treffen, sein Lehrer hat ihn empfohlen für die Suche nach seiner Schwester. Auch ich möchte mich mit ihm treffen, denn er war früher einmal Gastdozent in Lowangen. Er ist ein großer Meister auf dem Gebiet der Kristallomantie. Gerüchten zu folge hat er seine gesamten arkanen Kräfte verloren. Wie schrecklich! Was da wohl passiert ist? Ich wage es kaum danach zu fragen, denn es bedarf schon schrecklicher Ereignisse, dass so etwas passiert! Wie dem auch sei, ich werde noch einen Brief an meine Familie und einen an Ayla schreiben und dann schlafen gehen. Morgen möchte ich den Peraine-Tempel besuchen, übermorgen geht es dann schon weiter nach Gratenfels. |