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Die Welt der Menschen

Aus Avesfeuer
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Eindrücke Übersicht
Chronik Kapitel
??? Die Welt der Menschen
??? Dem Fluss entlang
??? Durch den Wald
??? Ein Gespräch unter Freunden
??? Abschied
ING 1015 Ancoron
ING 1015 Wieder vereint
RAH 1015 Kampf im Albtraum
TRA 1016 Das Mal
„Ihr seid ein Narr, Herr Elf!“

Diese wenigen Worte beeindruckten mich mehr als andere, die ich schon von Menschen gehört hatte. Nun, sie kamen auch von einem Menschen, der mich mehr beeindruckt hatte als viele seiner Art.

„Elcarna, du weißt um meine Suche. Ich kann dir und deiner Schülerin nicht helfen.“ Ich musste zugeben, dass ich Elcarna noch nie so erregt gesehen hatte. Allerdings kannten wir uns erst seit ein paar Tagen. Was wusste man da über den Anderen? Gar nichts. Ähnlich ging es mir mit der Welt der Menschen. Wir kannten uns auch noch nicht lange. Ich war mir aber nicht sicher, wie sehr ich sie kennen lernen wollte.

„Das ist also der Dank für unsere freundliche Aufnahme?“

Noch immer kann ich mich erinnern, als ich Lowangen zum ersten Mal gesehen hatte. Es war die erste Menschenstadt überhaupt gewesen, die ich in meinem Leben gesehen hatte. Zwar hatte ich ihre „Dörfer“ und Siedlungen von früher gekannt, doch war ich auf einen solchen Anblick nicht vorbereitet gewesen. Totes Holz und kalter Stein waren zu engen, ineinander verschachtelten Unterkünften verbunden worden. Von der Ferne konnte ich nur ihre Spitzen sehen, denn eine Mauer war um diese Stadt errichtet worden. Alles an ihr schien „Geh weg!“ zu schreien. Dhawyn, die Freundin, die immer kam, um mich zu tragen, wenn ich sie rief, schon mein ganzen Leben lang, drehte sich bei diesem Anblick sofort um und rannte denselben Weg zurück, auf dem wir gekommen waren. Ich konnte sie verstehen und wusste nicht, ob ich sie überhaupt zurückhalten sollte. Es waren nur ein paar Wochen zurück zu meiner Sippe. Zulange, doch dann wäre ich wieder in ihrer Mitte gewesen. Dann erinnerte ich mich an Arianna und daran, dass ich sie zurückbringen wollte und musste. Ich schickte Dahwyn fort und sah ihr solange nach, wie ich ihr weißes Fell sehen konnte. Immer wenn sie galoppierte, ließen mich die Schatten auf ihrem Fell an ein Schneetreiben denken, das ein starker Wind vor sich her blies. Zögernd drehte ich mich um. Die Stadt war nun viel weiter weg. Dhawyn war in dieser kurzen Zeit recht weit gekommen. Ich war froh darüber, denn ich hatte es nicht eilig, in die Stadt zu kommen.

„Aridhel?“

Ich blickte den taubrawar an und musste lächeln. Er war noch einer der Geduldigeren dieses schnelllebigen Volkes. Schnell war alles an diesem Volk. Ihr Leben, ihre Gedanken, ihre Taten. Nie machten sie sich Gedanken, was sie mit ihrem Tun der Welt und dem Morgen antaten. Wäre mir dies nicht bereits aufgefallen, spätestens jetzt hätte ich es mit Sicherheit gewusst. Seufzend musste ich an meine Ankunft denken.

„Elf, was wollt ihr in unserer Stadt?“

Vor mir stand ein Mensch in bunten Gewänder und einer stählernen Platte vor seiner Brust. In seinen Händen konnte ich einen langen Speer mit einem Beil daran erkennen. „Ich möchte zu dem Ort, an dem ihr taubra lernt.“ Der Mensch schaute mich nur an. Dabei war sein Mund offen. Ich dachte, er wollte mich grüßen, deshalb tat ich es ihm gleich. Ich wollte den Menschen nicht verärgern. Immerhin hatte ich das Gefühl, dass er mir verbieten konnte, diese Stadt zu betreten. Laut schloss sich der Mund des Menschen. Ich schloss meinen leiser. „Geht zum Marktplatz in der Mitte der Stadt. Dort sind entweder die Leute, die Ihr sucht, oder sie sind zumindest die, die Euch verstehen.“ Ich bedankte mich und wollte bereits durch die Türe in der Mauer gehen, als er mich noch einmal ansprach.

„Herr Elf, wollt ihr uns nicht Eure Waffen zur Aufbewahrung geben?“

Ich sah ihn an und schüttelte meinen Kopf. So fern der Heimat wollte ich mich nicht von meinen Waffen trennen. Wer wusste schon, auf was ich noch stoßen würde.

„Das habe ich erwartet. Macht aber keine Kunststücke damit! (Was haben sich die Tralloper dabei nur gedacht?)“

Ich weiß noch immer nicht, was er mit Kunststücken und dem letzten leise gesprochen Satz meinte. Als der Mensch anfing mit der Hand zu wedeln, nahm ich das als Aufforderung endlich in die Stadt zu gehen.

Die Stadt selbst erschien mir auf den ersten Blick wie ein riesiger Ameisenhaufen. Ich verstehe noch immer nicht, wie Menschen so dicht nebeneinander leben können. Überall konnte ich sie bei den vielen ihrer rätselhaften Beschäftigungen sehen. Einige schrieen einander an. Wahrscheinlich die einzige Möglichkeit für sie, sich in diesem Gedränge zu verständigen. Andere gossen stinkende Flüssigkeiten aus dem Fenster. Als wären die Gerüche in dieser Stadt nicht bereits schlimm genug. Vom Marktplatz sah ich nichts. Ich fragte ein paar Menschen, wo ich diesen Ort finden könnte. Die meisten wiesen mir dieselbe Richtung, obwohl es ein paar andere gab, die mir eine andere Richtung deuteten. Diese zeigten mit dem Zeigefinger auf ihren Kopf. War der Marktplatz der Name für das Salasandra der Menschen? War er der Ort ihrer Verbundenheit? Zu diesem Zeitpunkt war ich mir nicht mehr sicher, jemals den Marktplatz finden zu können. Als ich jedoch erneut einen Menschen fragte, der hinter einem Holztisch mit vielen Früchten davor stand, lachte dieser und sagte mir, dass ich angekommen sei. Froh, endlich mein Ziel gefunden zu haben, fragte ich ihn, ob er einer der taubrawar sei. Der Mensch fing an sich am Kopf zu kratzen, bevor er antwortete:

„Geh zu diesem großen Gebäude da. (Sollen sich die Magier mit dem herumschlagen).“

Ich dankte ihm, dann nahm ich mir einen der Äpfel und wollte zu dem riesigen Steinbau, auf den er gezeigt hatte, gehen, als er mich zurück hielt.

„Wollt ihr mir für den Apfel nichts geben?“

Ich lächelte ihn an. Natürlich konnte ich ihm etwas geben. Ich zog meine Flöte und spielte ein Lied für ihn, das von nurda und seinen Früchten handelte. Wieder sah ich, wie mich ein Mensch mit offenen Mund anstarrte. Ich grüßte zurück und wollte wieder gehen. Doch wieder hielt er mich zurück, und zeigte mir eine kleine braune Metallscheibe.

„Habt ihr nicht eine von denen?“

Natürlich hatte ich solche Scheiben. Ancoron hatte sie mir gegeben und mir erzählt, dass die Menschen ganz verrückt danach seien. Ich konnte das nicht verstehen, die silbernen waren sehr hübsch, auch die Gelben waren schön anzusehen, die anderen beiden Sorten dieser Plättchen war ganz und gar hässlich. Man konnte sowieso nichts mit ihnen anfangen. Ich gab ihm eines der gelben. Die silbernen wollte ich noch für die wirklich wichtigen Dinge aufsparen. Wieder starrte er mich an. Dabei schien er zu überlegen. Dann sagte er zu mir, dass ich so viele Äpfel nehmen könne, wie ich wollte. Ich nahm mir fünf weitere und ging zu dem Gebäude. Dabei fragte ich mich, ob vielleicht ein paar der Menschen nicht doch freundlicher waren, als ich gedacht hatte.

„Aridhel, könnt ihr mich hören?“

Ich wandte meinen Blick von meinen Erinnerungen ab. Bei meinem Volk war es nicht üblich, einen anderen aus seinen Gedanken zu reißen. Doch war Elcarna, der oberste Magier dieses Ortes bis jetzt immer sehr nett zu mir gewesen. Er hatte mich aufgenommen und mir seine Hilfe angeboten, als er von meiner Suche gehört hatte. Es war nicht seine Schuld, dass auch er nichts über Arianna herausfinden hatte können. Immerhin hatten auch die Lieder meiner Sippe bei der Suche versagt. Darum blickte ich ihm erwartungsvoll in die Augen. Ich hörte ihn seufzen.

„Warum wollt ihr Ginaya nicht begleiten? Ihr beide habt euch doch schon kennen gelernt und schient euch zu verstehen.“

Wieder wendete sich mein Blick meinen Erinnerungen zu. Ginaya. Ich hatte diese Magierin erst Tage nach meiner Ankunft kennen gelernt, als ich gewartet hatte. Elcarna hatte sich sehr interessiert gezeigt und mir versprochen, dass er seine Fähigkeiten für die Suche nach meiner Schwester einsetzen würde. Außerdem würde er Bekannte befragen. Während ich nun auf ihn wartete, hatte ich zum ersten Mal wieder Zeit für mich selbst. Ich probierte die Übungen, die mir Ancoron gezeigt hatte. Zwar wusste ich bereits viel über den Schwertkampf., doch musste mein Körper genauso lernen. Außerdem konnte ich immer wieder unter einem der Bäume im Garten der „Akademie“, so nannten sie das Gebäude der Magier, mein iama spielen und von meiner Sippe träumen. Manchmal konnte ich eines ihrer Lieder spüren, wie es nach mir griff und mich mit seiner Berührung tröstete.

Nachdem ich aus einem meiner Träume erwacht war, sah ich eine junge Menschenfrau, die mich anstarrte und mir bei meinen Liedern zuhörte. Ich nahm an, dass sie jung war, da sie noch keine weißen oder grauen Haare hatte. Bei diesem Volk waren diese Zeichen ihres fortgeschrittenen Alters. Immer noch erheitert mich dieser Gedanke. Die Menschen mussten mich wohl für ziemlich greise halten. So saß ich da und blicke sie an, während sie noch immer zurückstarrte. Dann kam sie zu mir und sprach mich in meiner Muttersprache an, in der sie sich auch als Ginaya vorstellte. Ich gebe zu, ich war beeindruckt. Sie hatte noch Schwierigkeiten mit meiner Sprache und ich denke, einmal betonte sie einen Satz falsch, was der Grund für die etwas seltsame Bedeutung gewesen sein muss. Ich denke nicht, dass sie ihren Kopf verknoten kann. Doch bei Menschen, vor allem bei denen die taubra wirkten, wusste man nie. Jedenfalls machte es mir Freude ein wenig Heimat zu hören. Auch wenn sie aus dem Mund eines Menschen kam. Wir redeten ein wenig miteinander, bevor ich mich verabschiedete.

Noch am selben Abend waren wir uns wieder begegnet. Elcarna hatte mich zu einem Essen eingeladen, nachdem er mir erzählt hatte, dass er keinen Erfolg bei seiner Suche gehabt hatte. Ich hatte meine gesamte Ausrüstung mitgenommen, da ich nicht gewusst hatte, was bei einer solchen Gelegenheit von mir verlangt werden würde. Wieder grüßten mich ein paar Menschen auf ihre seltsame Art und Weise. Dann wies man mir meinen Platz auf einem der unbequemen Gestelle an dem Tisch zu. Als ich meine Nachbarn näher betrachtete erkannt ich zu meinem Erstaunen Ginaya wieder. Wir kamen nicht zum Reden, auch wirkte sie an diesem Abend ein wenig kühl auf mich. Achselzuckend wandte ich mich dem Essen zu. Allerdings konnte ich nicht viel Interessantes erkennen. Viele der Speisen, die die Menschen voller Hast verschlangen, stanken erbärmlich. Zu meinem Glück konnte ich eine Schale mit Obst finden. Ich musste an den freundlichen Menschen und sein gutes Obst denken, als ich einen Apfel ass.

Als ich satt war, wollte ich wieder aufstehen und mich zurückziehen, doch keiner von den anderen stand auf. Darum blieb ich sitzen. Auf einmal fielen mir die metallenen Werkzeuge neben dem Teller auf. Neugierig wie ich war untersuchte ich sie, konnte mir aber keinen Reim daraus machen. Eines sah aus wie ein Messer, war aber nicht scharf genug dafür. Bei den anders geformten Gegenständen hatte ich keine Idee, was sie darstellten. Vielleicht waren sie als Unterhaltung gedacht? Sie ließen sich zwar gut zusammenstecken, man konnte aber nicht viele Formen damit zusammenbringen. Ginaya unterbrach mich plötzlich und begann mir zu erklären, wie falsch ich mich an diesem Tisch verhielt. Ich verstand nicht alles. Zumindest erklärte sie mir den Sinn der Metalldinger. Sie nannte sie „Besteck“ und erklärte mir, dass man sie zum Essen verwendete. Als wären Hände nicht gut genug. Dann führte sie mich hinaus in den Garten. Dort begann sie wieder in Isdira mit mir zu reden und mich nach den Grund meiner Reise, wie sie es nannte, zu fragen. Ohne wirklich zu wissen warum, erzählte ich ihr von meiner Schwester und meiner Suche nach ihr. Allerdings erzählte ich ihr nichts über den Grund ihrer Verbannung. Der Schmerz lag noch zu tief und ich fürchtete, dass Ginaya es nicht verstehen würde.

„Aridhel?“

Diesmal klang ein wenig Zorn in Elcarnas Stimme. Ich musste zugeben, dass ich mich nicht auf unser Gespräch konzentrieren konnte. Aber seit mir Elcarna erzählte, dass er keine Spur meiner Schwester hatte finden können, hatte ich mich auf nichts konzentrieren können. Wo sollte ich anfangen? Ich hatte alle guten Ratschläge von Lionel, dem Lehrer Ariannas, vergessen. Das Einzige, an das ich wirklich denken konnte, war, dass ich nach Hause wollte. Nur die Träume, die ich während meiner Musik träumte, hielten mich davon ab in Schwermut zu verfallen. Es war Elcarnas eigene Schuld. Er hatte mich aus einem meiner Träume reißen und in ihren Raum bringen lassen.

„Ja?“

„Warum wollt ihr Ginaya nicht begleiten?"

Genau dieselbe Frage hatte mir Ginaya selbst gestellt, als sie mich vor einiger Zeit gebeten hatte, mit ihr zu kommen. Interessant war, dass Elcarna auch davon wusste. Nun, vielleicht hatten taubrawar doch ein Salasandra, in das sie immer wieder eintauchen konnten.

„Ich bin hier, weil ich auf der Suche nach meiner Schwester bin, nicht um eine taubrawar auf ihren Wegen zu begleiten.“

Er lachte: „Aridhel... (*seufzen*) Ihr wisst doch gar nicht, wo Arianna ist. Niemand weiß es. Sie könnte genauso auf den Wegen dieser „taubrawar“ sein. Außerdem habt ihr mir erzählt, dass Balthasar Balthusius ein Freund eurer Sippe ist. Ginayas Auftrag bringt sie in die Nähe Gratenfelses. Zumindest näher als Lowangen zu Gratenfels liegt. Außerdem ist dort auch eine Akademie von Magiern namens Andergast. Vielleicht können Euch diese helfen, wo ich nicht konnte.“

„Dort komme ich auch alleine hin, wahrscheinlich sogar schneller.“

„Glaubt ihr das wirklich? Ihr wisst nicht, wo unsere Städte liegen. Ihr wisst nicht, wie Ihr Euch in unseren Städten verhalten sollt. Ihr wisst nicht, wie Ihr Euch Menschen gegenüber verhalten sollt. Ihr wisst gar nichts über unsere Welt. Ja, ich bitte Euch, Ginaya zu begleiten, um sie zu beschützen. Aber glaubt ihr nicht, dass ihr zusammen mit ihr Aventurien schneller und sicherer bereisen würdet, als ihr es alleine jemals tun könntet? Ihr hättet jemanden, den ihr über uns fragen könnt. Seht sie doch einfach als eure Fremdenführerin an. Jemandem der euch unsere Welt zeigt.“

Ich musst an das Essen an den Abend zurückdenken. Er hatte Recht. Ginaya hatte mir von sich aus viel über ihr Volk erzählt. Ich wusste nun mehr über Menschen als jemals zuvor. Ich war mir zwar nicht sicher, ob ich mir das wirklich wünschte, wusste aber, dass ich mehr über dieses Volk erfahren musste, wollte ich auf meiner Suche erfolgreich sein. Nach kurzem Überlegen fasste ich einen Entschluss.

„Danke Elcarna. Du hast mir sehr geholfen.“ Dann drehte ich mich um, um den Raum zu verlassen.

„Was wollt ihr jetzt tun, Aridhel?“

„Ich gehe natürlich zu Ginaya.“

Dann verließ ich den Raum. Bevor sich die Tür schloss hörte ich Elcarna ein letztes Mal etwas murmeln: „Wenn Ginaya zurückkommt, wird sie Einiges über Geduld wissen.“