Formatvorlagen      Chronik      Charaktere      Tagebücher      Gespielte Abenteuer     

Kampf im Albtraum

Aus Avesfeuer
Wechseln zu: Navigation, Suche
Eindrücke Übersicht
Chronik Kapitel
??? Die Welt der Menschen
??? Dem Fluss entlang
??? Durch den Wald
??? Ein Gespräch unter Freunden
??? Abschied
ING 1015 Ancoron
ING 1015 Wieder vereint
RAH 1015 Kampf im Albtraum
TRA 1016 Das Mal
Es war dunkel, als ich erwachte. Ich war erstaunt. Anscheinend war mein Schlaf nur sehr kurz gewesen, doch fühlte ich mich nicht müde. Deshalb dauerte es nicht lange, bevor mir bewusst wurde, was nicht stimmte. Es war zu still. Weder hörte ich das Singen der Nachtvögel, noch die Lieder der Grillen. Weder hörte ich das Rascheln der Blätter, noch das Wiegen der Bäume. Selbst der Wind rauschte nicht durch das Gras oder Pfiff durch Durchgänge, an Ecken und Kanten vorbei. Es war als hätte die Wunde in der Welt, die ich noch immer in all ihrer Schrecklichkeit fühlen konnte, nurda und zerza zugleich die Kraft genommen. Nur in diesem Gebäude, das die Menschen für ihre Göttin Tsa, ihre Wächterin nurdas, gebaut hatten, hatten wir hoffen können, zu überleben, wo alles andere vergangen war. Darum fühlte ich mich wohl wacher, als nach all diesen Nächten voller Furcht vor den Alpträumen. Anscheinend beschützten die Götter der Menschen ihren Besitz.

Als ich mich umblickte, konnte ich sehen, dass auch meine Gefährten, meine Freunde, wach waren. Auch ihnen schien es ein wenig besser zu gehen. Voller Tatendrang machten sie sich daran, den Tempel nach Hinweisen, wie sie sagten, zu durchsuchen. Ich selbst blickte durch die Tür zum Sternenhimmel. Es gelang mir fast, zu vergessen, was um mich herum war. Doch nur fast. Tränen liefen mir über das Gesicht, als ich die Zerstörung sah. Nichts Lebendes war mehr um uns. Selbst das tote Holz der Gebäude der Menschen um uns zerfiel, um Teil des Graus zu werden, das alles bedeckte. Ich musste meinem Blick von dieser Zerstörung jenseits aller Zerstörung reißen, um ihn zum Himmel richten zu können, zu dem Stern, der mir Hoffnung und Anleitung gab, seit ich die Festungen der Wachenden besucht hatte. Das Licht Simias blinkte hell vom Himmel und so forderte ich den ersten Wächter im Stillen auf, mir beizustehen und mich anzuführen, wie es die Pflicht der Ältesten meines Volkes war. Neben mir blickte auch Ginaya zum Himmel und erstarrte auf einmal. Dann begann sie hektisch etwas auf ein Pergament zu schreiben. Nun, sie würde uns schon sagen, was wir wissen mussten. Deshalb verfolgte ich meine Bitten und Aufforderungen weiter. Im Moment, als ich grüßend meine Schwerter gekreuzt zum Himmel gehalten hatte, kam Joela zu uns. Glücklich sagte sie, dass sie etwas zum Essen gefunden hatte. Dann reichte sie jedem von uns ein Stück Brot. Es waren gute Nachrichten. Unser Proviant war hoffnungslos verdorben und zerfallen. Ich hatte mir zwar Frischeres erhofft, doch war mein Hunger so groß, dass das Brot selbst mir schmeckte.

Während Ginaya sich noch mit den Sternen beschäftigte, folgte ich Joela wieder in die hinteren Räume des Tempels. Zusammen suchten wir Torben, der noch immer nach Hinweisen suchte. Dabei kamen wir auch zu einem Wandteppich vorbei, der mein Interesse weckte. Es zeigte anscheinend Tsa und ein paar meines Volkes. Joela sagte mir, dass es „Tsa, wie sie den Elfen die Regenbogenbrücke lehrte“ zeigte. Ich war verwirrt. Ich konnte mich an ein solches Ereignis nicht erinnern. Es gab allerdings wirklich ein Lied meines Volkes, das eine Brücke aus Licht rufen konnte. Sogar ein paar Former meiner Sippe beherrschten es. Nun, das war ein Rätsel, das warten konnte. Immerhin war ich kein Mensch.

Inzwischen hatten meine Gefährten Schriften der Priesterin dieses Tempels gefunden, dazu einen Text den der Menschenmagier Rohal seinem Bruder zugerufen hatte. Diese Worte, die wohl bannen und einfangen sollten, waren uns mir noch zu bekannt. Von einem Ort an dem ich mich ähnlich gefühlt hatte. Grim hatte auch eine Schachtel mit Fläschchen, ein Heiltrank und drei Flaschen mit der Aufschrift „ Schenke dies und sei gesegnet“. Wir alle fragten uns, was diese Inschrift wohl bedeuten mochte. Wir stellten viele Vermutungen an. Ich selbst, dachte, dass es vielleicht gegen Zwangzauber helfen konnte, doch war ich mir nicht sicher. Die Schriften aber brachten mehr Antworten. Die Priesterin dieses Tempels war wirklich jene, die im Wahrtraum der Gänsepriesterin Linai verbrannt worden war. Das fanden meine Gefährten recht schnell aus den Aufzeichnungen der Gedanken der Priesterin Leniare heraus. Anscheinend hatte sie ein Buch, das „Liber Tsanorum per Satinav“ oder ähnlich heißt, zusammen mit einem Hamid und Korobar, der anscheinend wirklich unser Feind war, für ein großes Ritual gebraucht. Dieses Ritual hatte nicht das bewerkstelligt, was die Priesterin sich gedacht hatte. Es hatte das Leben selbst so sehr verzerrt, dass es schnell aber verdorben geboren wurde und wieder gestorben war. Ich konnte mir sehr gut vorstellen, dass diese Mischung aus Menschen-taubra und zertaubra der isdagra, der Unaussprechlichen bis jetzt immer schlimmer geworden war. Dass dieses Ritual von Korobar und seinem vermutlichen Verbündeten Hamid, die sich den Büchern der Geweihten nach in dem Turm nahe dieses Ortes aufhielten, in dieser Weise geplant worden war, konnten wir annehmen. Vor allem nachdem uns Ginaya mitgeteilt hatte, was sie am Sternenhimmel so erschreckt hatte. Die Sterne begünstigten große Vorhaben. Wir schauten einander entsetzt an. Größe bedeutete sicher nicht nur Gutes für die Welt. Vor allem nicht hier, an diesem Ort der Zerstörung. Nahm man mein Volk als Beispiel, so erkannte man schnell, dass es kaum einen schnelleren Weg zum Abgrund gab, als Größe. Ich musste seufzen. Die menschliche Priesterin hätte eben wissen sollen, dass die Werke der Echsen nicht mehr gut für diese Welt waren. Aber selten hatte Einer meines Volkes einen Menschen wirklich überlegen gesehen, bevor dieser etwas getan hatte. Sie waren eben ein hastiges Volk. Wir konnten nur hoffen, dass uns diese Hast am Ende nicht zerstören würde.

Wieder einmal wurde mir bewusst, wie besonders Joela war. Nahm man Ginaya und Grim als Maß, die sich innerhalb kürzester Zeit entschlossen hatten, ihre Lebenswege zu vereinen, musste es für Joela unendlich lange gedauert haben, bis sich unser beider Sein angenähert hatte. Trotzdem hatte sie mich niemals gedrängt oder zu etwas gezwungen, sondern mit für ihr Volk unüblichen Geduld gewartet. Sie hatte nicht gebeugt, was nur zerbrechen konnte, sondern es gehegt, bis es in die rechte Form gewachsen war. Wären mehr Menschen wie sie, hätten unsere beiden Völker wohl nur wenig Probleme miteinander. Ich musste lächeln. Wir wären nicht hier, wäre es so.

Da wir sicher waren, dass wir noch heute nacht handeln mussten, wenn wir die Geschehnisse an diesem Ort aufhalten wollten und außerdem nicht wussten, wie stark unser Gegner war und wie das Lager unserer Feinde aussah, konnten wir uns kaum in Worten, Denken, Planen und Handeln auf das vorbereiten, was noch auf uns warten würde. Deshalb dauerte unsere Vorbereitung nicht lange. Doch als ich meine Waffen aufgelesen hatte und bereits auf den Ausgang des Tempels zugehen wollte, hielt Joela uns auf und bat alle, mit ihr zu beten. Ich wollte mich zurückziehen, um meine Freunde nicht zu stören, doch lud mich Joela ein, teilzuhaben. Ich konnte mich aber nicht durchringen, mich vor Göttern, noch dazu fremden, zu erniedrigen. Darum lehnte ich ab. Kurzentschlossen nahmen mich meine menschlichen Freunde auf Joelas Bitten in die Mitte und reichten sich die Hände. So war auch ich in gewisser Weise Teil ihres Rituals. Schweigend hörte ich Joela bei ihren Bitten zu ihren Göttern zu. Die Worte meiner Freundin hatten eine solche Macht, dass alle meiner Gefährten von ihnen gefangen wurden. Auch ich war bewegt. Ich ertappte mich selbst dabei, dass ich meinerseits die Götter der Menschen bat, meine Freundin nicht zu enttäuschen. Nicht nach diesen Worten, diesem Beweis von unendlichen Vertrauen. Darum bin ich mir auch nicht sicher, ob es Einbildung war, als ich etwas schwach nach mir greifen spürte. In meinem Schreck zuckte mein ganzes Sein zurück, worauf sich das Fremde zurückzog. Meine Freunde jedoch schienen in ihrem Sein bestärkt zu sein. Ich lächelte Joela an. Anscheinend war ihr Vertrauen nicht enttäuscht worden. Zumindest hatten meine Freunde Hoffnung und Stärke gewonnen.

An den Weg zum Turm kann ich mich kaum erinnern. Nur dunkel kann ich mich der Anstrengung entsinnen, die uns dem Weg zum Turm begleitete. Und das, obwohl wir den Turm vom Tempel aus sehen hatten können. Uns allen war, als würde es Tage, vielleicht sogar Wochen dauern, bis wir den Turm erreichen konnten. Trotzdem schleppten wir uns mit dem Mut der Verzweifelten vorwärts. Vielleicht war es auch kein Mut, vielleicht waren wir an diesem Punkt auch bereits jenseits allen Mutes gewesen. Viel wahrscheinlicher ist es, dass wir wussten, dass wir nur siegen oder sterben konnten. Flüchten konnten wir nicht mehr. Lebend würden wir diesem Ort nicht entkommen.

Am Ende kamen wir doch am Fuße des Turms an, obwohl wir nicht mehr daran geglaubt hatten. Sofort stürzten wir alle, selbst ich, zu dem Tor des Turmes. Es war abgeschlossen, doch machten wir uns deswegen kaum Sorgen. Immerhin kannten wir inzwischen die Geschicklichkeit von Joelas Fingern, was Türen und Tore betraf, und als sie ohne zu zögern auf das Tor zuging, war ich überzeugt, dass wir schon bald im Inneren des Turms sein würden.

Während wir noch warteten, hörten wir auf einmal ein Rufen von oben. Alle außer Joela, die noch mit dem Tor beschäftigt war, blickten nach oben. Dort konnten wir Korobar sehen, wie er uns Schmähungen zurief. Dann rief er, dass sich die Toten erheben sollten, um für ihn zu kämpfen. Ich war mir nicht sicher, ob ich es verstehen wollte. Was ich allerdings sehr wohl verstand, waren die zwei Geschosse, die auf einmal auf uns zuflogen. In diesem Moment konnte Joela aber das Tor öffnen und so konnten wir dieser Gefahr entkommen.

Drinnen angekommen, begann ich sofort mein mandra um mich zu wickeln, damit es mich schützen konnte. Ich war mir sicher, dass der Kampf hart werden würde. Neben mir machte Ginaya anscheinend dasselbe. Kaum waren wir beide fertig geworden, als sich eine schwer gerüstete Gestalt an der gegenüberliegenden Wand auf einmal in Bewegung setzte. Entschlossen stellten sich ihr Grim Joela und ich entgegen. Als ich sie näher betrachtete, wurden mir die Worte des taubrawra klar. Vor uns stand ein Gegner, der weder Angst, noch Hunger, weder Schmerz noch Müdigkeit kannte. Wir kämpften gegen ein Skelett in einer schweren, scheinbar undurchdringlichen Rüstung. Nun, ich musste vor mir selbst zugeben, dass ich es doch gewusst hatte, was der Magier gemeint hatte, ich hatte nur nicht glauben wollen, dass die Menschen solches zertaubra kannten.

Nach all der Qual, die hinter uns lag, kannten wir keine Furcht mehr. Unsere Entschlossenheit wurde sogar noch stärker. Nach ein paar wirkungslosen Attacken auf beiden Seiten nutzte Grim die Gelegenheit, als meine Hiebe den Untoten ablenkten, um mit seiner Axt weit auszuholen. Noch immer schaudert mich beim Gedanken an das Geräusch, als Grims Schlag auf unseren Gegner niederschmetterte. Der Kampf war vorbei, bevor er richtig begonnen hatte. Ich weiß nicht, wie lange ich Grim angestarrt hatte - dieser thorwalsche Mensch überraschte mich immer wieder – als sich Grim anscheinend seiner Angst vor Toten und auch Untoten wieder entsann und sich mit einem „nehmt dem Ding seine Rüstung weg“ zurückzog. Im zuliebe taten Torben und ich genau das. Torben ging sogar soweit, dass er den Schädel des Skeletts zerschmetterte.

Als wir noch dachten, dass wir eine Atempause gewonnen hatten, hörten wir bereits ein weiteres Rasseln. Ohne zu zögern stürmten die beiden Thorwaler die Treppe hinauf, wo bereits zwei weitere Skelette auf sie warteten. Da unsere Gefährten nach oben kämpfen mussten, geriet der Kampf ins Stocken und sie mussten ein paar schwere Schläge hinnehmen. Darum kletterten Joela und ich an der Seite der Treppe hinauf, um unseren beiden Kämpfern beistehen zu können. Die Treppe selbst war dafür zu schmal gewesen. Auch diesen Kampf konnten wir für uns entscheiden. Zwei weitere Skelette konnten wir noch im selben Stock des Turmes überwinden. Dennoch hatte unsere Gruppe erstes Blut vergossen. Grim und Torben sahen nicht mehr gut aus. Deshalb probierte Torben nun einen der unbekannten Tränke aus. Er spürte nichts. Zumindest roch er besser. Wir alle dachten dasselbe: Wir hatten zu wenig Heilung für zu viele Wunden. Trotzdem mussten wir weitermachen. Unser Leben und die Harmonie des Weltenliedes hingen davon ab. Wir stürmten eine weitere Treppe hinauf.

Im nächsten Stock konnten wir ein paar Kreidestriche am Boden sehen. Ich sah sie mir kurz an, doch sagten sie mir nichts. Auch die anderen untersuchten sie und ich hörte sie Satinav und Hexen erwähnen. Wir alle starrten auf den Boden und mussten unsere Unaufmerksamkeit bitterlich bereuen. Zwei Armbrustbolzen schossen von der schmalen Treppe, die ein weiteres Mal nach oben führte auf uns zu. Nur einer traf. Ausgerechnet Joela. Ich hörte ihren Schrei, sah die blutende Wunde an ihrem Arm und wutentbrannt stürmte ich zusammen mit Torben nach oben. Dort mussten wir zurückweichen, da vor uns drei Gestalten standen. Der Magier Korobar und die letzten der formidablen Sechs; Der Zwerg und die Menschenfrau. Während der Magier nach oben kletterte, verstellten uns diese zwei beherrschten Krieger den Weg. Die Treppe war zu schmal, darum hatten wir keine Möglichkeit, durchzukommen. Zum Glück kam Ginaya bald nach und konnte einen der beiden, die Frau, erstarren lassen. Nun war nur noch ein Kämpfer übrig. Somit konnten wir nun versuchen, durchzubrechen. Ich erinnerte mich aber an meine Schuld bei Koran und musste ausprobieren, ob meine Vermutungen mit den seltsamen Tränken richtig waren. Doch in einem kurzen Handgemenge konnte ich den Trank nur über den Zwerg verschütten, darum musste ich den Zwerg vorwärtsdrängen. Hinter mir kamen Joela und Torben. Zusammen hatten wir den Zwerg bald niedergeschlagen. Sofort hörte ich auf, da der Zwerg schuldlos war. Außerdem wollte ich nicht Koran erleben, wenn ich ihm beichten musste, dass ich einen der Seinen getötet hatte. Als wir aber vom Zwerg abließen, sammelte dieser seine gesamte restliche Kraft, um noch ein letztes Mal zuzuschlagen. Er traf Torben. Diese Gefahr konnten wir nun nicht zurücklassen. Zu viel stand auf dem Spiel. Torbens Schwert traf den Zwerg zugleich mit meinem. Verzeih mir, Koran.

Endlich war der Weg zur Spitze des Turmes frei. Torben und ich waren die ersten die Hinaufkletterten. Dort wartete der Magier mit einem hämischen Grinsen auf uns. Torben ging entschlossen einen Schritt nach vor. Sofort zerbrach der Boden unter seinen Füssen und er fiel. Wir hörten sogar, dass er durch das nächste Stockwerk brach. Von unten hörten wir Ginaya rufen. Ich war erleichtert. Sie würde Torben besser helfen können, als wir anderen. Wieder konzentrierte ich mich auf den Magier. Grim und ich versuchten zu dem Magier zu gelangen, doch beinahe sofort hörten und spürten wir den Boden unter unseren Füssen brechen. Ein wenig hilflos standen wir vor dem Magier, der so nah, doch so unerreichbar für uns war. Nun für unsere Waffen, doch nicht für meinen Bogen. Also begann ich ihn aufzuspannen. Plötzlich bewegte sich der Magier wieder und murmelte etwas. Auf einmal konnte ich mich nicht mehr auf meinem Bogen konzentrieren. Auf einmal war der Turm so hoch, jedoch die Plattform so schmal. Ich fühlte den Tod um mich und wie er nach mir griff. Ich war mir sicher, dass das Licht auf immer für mich verschlossen sein würde. Am Ende wusste ich mir nicht anders zu helfen als mich zusammenzukauern und die Augen zu schließen. Ich war der Gefangene meiner Ängste.

Vom weiteren Kampf gegen den Magier bekam ich nichts mehr mit. Zu groß war meine Angst gewesen, doch hatten mir meine Gefährten später erzählt, dass sich Grim in seiner Tollkühnheit auf den Magier geworfen hatte und zusammen mit ihm durch die Böden gebrochen war. Unten angekommen war Korobar dann von Ginaya und Grim getötet worden. Dass dieser Mensch nach einem solchen Sturz überhaupt noch stehen hatte können. Das Einzige woran ich mich während meiner Zeit im Schrecken erinnern kann, war Joela, die mich nach unten brachte und versuchte mich zu trösten. Nun, es half ein wenig, doch war das zertaubra von Korobar stärker. In ihrer Verzweiflung gab sie mir den letzten der geheimnisvollen Tränke zu trinken. Nur wenige Zeit später klärten sich meine Sinne. Meine Angst war verschwunden.

Neben mir lag Torben, der schwer verletzt war. Dazu konnte ich noch den Magier sehen, der tot war, soweit ich das beurteilen konnte. Allerdings hatte mir Ginaya schon öfters erzählt, dass man dies bei solchen Magiern nie sicher sagen konnte. Mühevoll rappelte ich mich auf. Die Angst hatte mich erschöpft, doch konnte ich auf einmal ein Pulsieren in meinem Körper spüren. Anscheinend hatte der Trank heilende Kräfte gehabt. Nachdem mir Torben gesagt hatte, dass der Rest von uns unter die Erde gegangen war, folgte ich ihnen entschlossen. Als ich am Magier vorbeikam, rammte ich ihm noch mein Schwert ins Herz. Vielleicht würde diese Wunde helfen, dass er tot blieb. Unten sah ich Ginaya, Joela und Grim wie sie den Raum absuchten. In der Mitte des Raumes stand ein Tisch mit zwei gehörnten Drachenstatuen. In unserer Verzweiflung zerstörten wir sie. Doch konnten wir keinen Unterschied feststellen. Hier musste sich ein Geheimnis verbergen, denn sonst war alles verloren. Wir alle hatten gehofft, dass mit dem Tod des Magiers der Zerfall um uns aufhören würde, doch existierte dieser unvermindert fort. Meine Freunde versuchten also Hinweise zu finden, wie wir die Zerstörung aufhalten konnten und auch die Wunde in dieser Welt zumindest heilen lassen konnten. Wieder pulsierte der Trank durch mich, obwohl ich mich gesund fühlte. Trotzdem war mir erbärmlich zumute. Meine Gefährten sahen so zerschlagen und zerschnitten aus, während ich, dem keine einzige Wunde zugefügt worden war, einen heilenden Trank im Blut hatte. Während meine Gefährten also weitersuchten, erinnerte ich mich an die restliche Kraft meines mandras und an den Gefährten, der sie am meisten brauchte. Ein weiteres Paar Augen und ein weiteres Paar Hände würden vielleicht einen Unterschied machen. Schnell lief ich zu Torben und kehrte mit ihm zurück, nachdem ich ihn mit meiner gesamten Kraft geheilt hatte. Meine Gefährten waren ein wenig erstaunt, ihn wieder auf den Beinen zu sehen. Er musste sich bei seinem Sturz sehr verletzt haben. Als ich meinen Gefährten erzählte, dass mein mandra Torben geheilt hatte, konnte ich Joela sehen, wie sie mich hoffnungsvoll ansah. Es tat mir in meinem Herzen weh, sie enttäuschen und sie dem Schmerz ihrer Verletzungen überlassen zu müssen. Doch ich hatte keine Kraft mehr. Dennoch war ich sicher, das Richtige getan zu haben. Torben konnte mit seinen Ideen und seiner Kraft den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen. Nur wenn wir überlebten hatten unsere Wunden noch Bedeutung.

Wie um mir Recht zu geben, war es Torben, der die magisch versteckten Stufen fand. Als wir wussten, worauf wir achten mussten, konnten auch wir ihm bald folgen. Unten fanden wir einen Raum mit einer Klappe nach unten, die mit einem seltsamen Zeichen verziert war. Ginaya warnte uns sofort, dass dieses Zeichen einen Dämon, einen taubkhar’za, an diese Falltür band. Wenigstens konnten sha und uuna ihn verletzen. Ich konnte fühlen, wie mein mandra noch immer durch meine Schwerter floss. Außerdem konnte ich die Macht der Runen der Schwerter sehen. Auch war ich der einzige Kämpfer, der noch unverletzt war. Torben, Joela und Grim ertrugen ihre Verletzungen tapfer, doch konnte ich ihnen den Schmerz an ihren Gesichtern ablesen. Darum konnte ich die anderen überreden, mir den Dämon zu lassen. Wir bereiteten uns also vor und öffneten die Klappe. Sofort erschien der Dämon. Wie alle ein Ding, dessen Anblick mein Sein versengte. Jedoch erschien er, wo niemand von uns ihn erwartet hatte, schnell schloss ich die Klappe wieder, worauf der Dämon verschwand.

Wir versuchten einige Zeit unser Glück mit Kämpfen, in denen der Dämon immer wieder auftauchte, nur um wieder zu verschwinden, weil wir die Klappe wieder geschlossen hatten, bis der Dämon selbst die Klappe schloss. Da begriffen wir, dass wir so niemals weiterkommen würden. Da schnippte Grim auf einmal mit seinen Fingern und verschwand. Zurück kam er mit dem Leichnam und dem Stab von Korobar. Er sagte, vielleicht müsste der Magier die Klappe öffnen. Nun, er war tot, es war aber einen Versuch wert. Wir schleppten den toten Magier zu der Klappe, wo ich seinen Arm nahm und mit diesem die Klappe öffnete.

Wir warteten angespannt auf den Dämon, bis wir erkannten, dass Grim Recht gehabt hatte. Der Dämon würde diesmal nicht erscheinen. Als wir aber durch die Falltür blickten, verschwand unsere Erleichterung. Unter uns konnten wir eine graue Kugel sehen, in der ein dreizehnzackigen Stern schwebte. Joela versuchte auf die Kugel zu treten, wurde aber von dieser... verbrannt? Wieder rätselten wir, was wir tun konnten. Doch wir mussten uns beeilen. Wir alle konnten fühlen, wie der Zerfall immer stärker an uns zehrte. Darum nahm ich Korobars Stab und stieß mit diesem fest auf die Kugel. Vielleicht würde sie einfach zerplatzen. Es blitzte und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass mein Schlag die Hülle der grauen Kugel beschädigt hatte. Wir konnten jedoch keinen Kratzer sehen. Ich drehte mich zu meinen Freunden um und sagte ihnen, dass sie den Raum verlassen sollten, dass es genüge, wenn nur einer von uns starb. Nun, ich konnte nicht wirklich wissen, ob die Zerstörung der Kugel so gefährlich sein würde, jedoch hatte ich ein sehr schlechtes Gefühl bei ihr. Außerdem hatte ich schon recht bald herausfinden müssen, dass Menschen oft nur sehr direkte Hinweise verstanden und es war keine Zeit mehr. Anstatt aber meinen Worten zu folgen, stellte sich Ginaya mit ihrem Stab neben mich, während sich der Rest unserer Freunde weigerte, den Raum zu verlassen und nach oben zu gehen. Obwohl ich mich innerlich auf meinen Tod vorbereitete, als ich gemeinsam mit Ginaya immer wieder auf die Kugel schlug, musste ich lächeln. Auf eine Art, die ich wohl nie ganz verstanden hatte, hatte ich ein Zuhause neben meiner Sippe gefunden und war hier genau in diesem Augenblick daheim.

Mein letzter Schlag zerbrach die Kugel und auf einmal hüllte uns grauer Nebel ein. Alle Geräusche verstummten und ich fühlte Schmerzen. Wieder fühlte ich den Trank pulsieren und die Schmerzen verschwanden. Als ich mich umblickte, konnte ich erkennen, dass ich zusammen mit meinen Freunden in einem grauen Nichts schwebte. In weiter Ferne konnten wir einen Stern sehen. Um uns gegenseitig nicht zu verlieren, fassten wir uns alle an den Händen. Dann war unsere Neugier geweckt und wir fragten uns, was dieses helle Etwas sein sollte. Als wir dorthin wollten, trieben wir auf einmal darauf zu. Bevor wir uns richtig wundern konnten, sahen wir, was dieser Stern darstellte. In der Mitte konnten wir eine verhüllte Gestalt sehen, die Kraft durch einen roten Edelstein fließen ließ, während um diese an jedem der dreizehn Zacken ein Mensch stand, der sich in tiefster Agonie wand. Schrecklich waren sie anzusehen, mit eingefallenen Gesicht in der sich die Haut über die Knochen spannte. Ich ließ meine Gefährten los. Es war leicht zu erkennen, dass auf eine Weise, die ich nicht einmal verstehen wollte, diesen Menschen Kraft für etwas abgesogen wurde. Wenn ich sie also tötete, war das nicht nur ein sauberer, schneller Tod, der sie wie bei dem Reh in der Schlucht erlöste, diesem Kreis wurde auch Kraft genommen. Ich zog sha noch während ich auf den ersten der Zacken zuschwebte. Meine Gefährten indes schwebten auf die Gestalt im Inneren zu. Nachdem ich den ersten getötet hatte, wobei mir aufgefallen war, dass sein Gesicht im Tod sehr friedlich gewesen war, und bereits auf dem Weg zum nächsten war, hatten meine Freunde, der Gestalt den Rubin abgenommen und sie geradezu zerstückelt. Später erzählten sie mir, dass es Liskom von Fasar gewesen war. Ich hoffte, er blieb diesmal tot. Meine Gefährten begannen, mir bei meiner traurigen Aufgabe zu helfen. Wir fühlten uns immer müder, während die Gewalten um uns zu toben begannen und unsere Kräfte aufsogen. Als wir den letzten der Geplagten getötet hatten, hatten wir das Gefühl der Erfüllung und der Zufriedenheit. Wir nahmen diese Gefühl mit in unseren traumlosen Schlummer.

Ich hatte nicht erwartet, noch einmal zu erwachen. Im Grau war ich in der Gewissheit eingeschlafen, dass ich ins Licht gehen würde. Im ersten Moment, bevor sich meine Verwirrung legte, dachte ich wegen der Helligkeit, die mich umgab, im Licht zu sein. Dann aber erkannte ich, dass es einfach Shas Licht war, das wieder ungehindert die Welt berühren konnte, und fröhlich durch die Fenster des Tempels der Tsa auf uns leuchtete. Das Grau war verschwunden, der Schleier gefallen. Mein bha war noch immer träge. Somit bemerkte ich den wachsamen und leicht verunsichert dreinblickenden Menschen erst, als dieser sich räusperte. Es war Delian von der KGIA. Inzwischen waren auch meine Freunde aufgewacht und bestürmten ihn mit Fragen. In der Zwischenzeit verließ ich den Tempel. Noch immer war es zu still für mich, als dass ich mich wohl gefühlt hätte. Dann verstand ich aber endlich. Das Grau war verschwunden, doch die Zerstörung war geblieben. Immer noch war kein Leben mehr um uns. Die Wunde in der Welt hatte sich geschlossen, doch war eine Narbe zurückgeblieben. Ich begann zu hoffen, dass wir diese Gegend bald wieder verlassen würden. Ich kehrte zu meinen Freunden zurück, um sie zum Aufbruch zu drängen, doch blieb ich beim Anblick, der sich mir bot, stehen. Im ersten Moment hatte ich Mühe, meine Gefährten wieder zu erkennen. Hatten sie sich schon in der kurzen Zeit unserer Trennung so sehr verändert, war diesem Wandel ein weiterer, viel verheerenderer hinzugefügt worden. Ich sah meinen Freunden zu wie sie sich ratlos anblickten, zum Teil wegen Ginaya, die noch immer nicht erwacht war, zum Teil, weil auch sie selbst ihre Verwandlung mitbekommen hatten. Ich hörte zu, wie ihnen Delian gerade erklärte, wie er uns ohne Bewusstsein im Keller des Turmes gefunden hatte, doch achtete ich nicht auf ihn. Alles was ich tun konnte, war, meine Freunde anzustarren. Anscheinend hatte das Grau auch ihnen Leid angetan. Sie waren alt geworden. Ich hatte nun lange genug die Welt der Menschen erlebt, um die Zeichen zu erkennen, wenn ich sie sah. Silberne Fäden zogen sich durch ihre Haare, Linien hatten sich in ihren Gesichtern gebildet, ihre Haut hatte einen Teil ihrer Zartheit verloren. Kurz betastete ich mein Gesicht und meine Hände, doch schien ich unverändert zu sein. Anders jedoch meine Freunde. Da war die noch schlafende Ginaya, deren Haare beinahe vollständig ihre Farbe verloren hatten und nun beinahe so silbrig aussahen, wie meine. Oder Grim, dessen freundliches Lächeln nun in seinem Gesicht eingegraben war. Auch das Knacken der Gelenke erschreckte mich, als sich Torben streckte. Sorgenvoll blickte ich mich nach Joela um, um sie genauer zu betrachten. Auch sie war älter geworden, doch konnte ich bei ihr weniger Veränderungen bemerken als bei den anderen. Trotzdem schien sie am meisten von allen erschüttert über die Veränderungen ihres Körpers zu sein. Dies ging so weit, dass sie an meinen Augen zu zweifeln begann, als ich ihr sagte, dass sie noch immer sehr schön sei. Zumindest nehme ich an, dass ihre Frage, wie viele Finger sie mir gerade hinhielt, die Kraft meiner Augen kontrollieren sollte. Ich wollte ihr erklären, dass sie immer schön für mich sein würde, in meinen Augen, meinem Herzen und in meinen Erinnerungen, doch wachte Ginaya in diesem Moment auf.

Sie schien noch verwirrter zu sein, als wir bei unseren Erwachen. Sie brauchte ein wenig, um sich zurecht zu finden. Besorgt bemerkten wir, wie verstört sie war. Auf unsere Fragen hin, begann sie stockend zu erzählen. Anscheinend hatte sie einen Wachtraum gehabt, während wir alle geschlafen hatten. Darin war sie dem Geschöpf begegnet, das während dieses Rituals im dreizehnzackigen Stern beschworen hatte werden sollen. Es war Borbarad gewesen. Dieser hatte Ginaya erklärt, dass sie nun mit ihm verbunden sei und dass er sie gezeichnet habe. Nachdem Ginaya uns dies erzählt hatte, blickte sie sich hektisch nach dem Rubin um, den sie Liskom abgenommen hatten. Doch dieser war verschwunden.

In den folgenden Tagen, nachdem wir uns ausgeruht hatten, machten wir uns auf, zurückzugehen. Delian und die letzte der Formidablen Sechs begleiteten uns. Zum Glück fiel uns der Weg diesmal leichter. Trotzdem waren wir nicht sehr fröhlich. Es half auch nichts, dass wir die Pferde fanden, die uns auf unseren Weg begleitet hatten, und dass die Brücke, die Grim gebaut hatte, noch so weit in Ordnung war, dass wir über sie gehen konnten. Zusätzlich fanden wir keinen Hinweis auf Linai und den Rest der Bewohner Dragenfelds. Darum war es wohl keine Überraschung, dass wir alle bedrückt waren. Delian brütete still und abseits vor sich hin, während meine Gefährten sich noch immer nicht mit dem Verlust so vieler Sonnenaufgänge, die sie nun nicht mehr sehen würden, abgefunden hatten. Auch ich wusste nicht, was ich sagen oder tun sollte. Ich hatte immer gewusst, dass meine menschlichen Freunde sehr viel kurzlebiger als ich waren. Dennoch hatte ich niemals wirklich darüber nachgedacht, dass sie irgendwann, selbst wenn wir alle Gefahren überwanden, sterben würden. Irgendwann würden sie verschwunden sein, und alles, was mich an die Welt der Menschen gebunden hatte, mit ihnen. Anders als bei den Verstorbenen meines Volkes würde ich aber niemals die Gewissheit haben, dass sie den Sinn ihres Lebens vor ihrem Tod erreicht hatten. Vor allem nicht, nachdem ihnen so viel Zeit genommen worden war.

Ohne es zu wissen war es Joela, die mich ein wenig trösten konnte. Sie erklärte mir überzeugt, dass es wohl unsere Verbindung war, die sie ein wenig vor dem Grau geschützt hatte. Ich hatte niemals diesem Glauben ihres Volkes Wahres beimessen können, dennoch war es sie gewesen, die sich am wenigsten von allen verändert hatte. Ich wollte es glauben, denn die Hilflosigkeit, die ich angesichts des Schicksals meiner Freunde fühlte, war beinahe unerträglich.

Als wären unsere Herzen nicht schwer genug gewesen, erzählte uns Ginaya, als wir gerade wieder die Klamm betraten, dass sie nur noch schlecht auf ihrem linken Auge sehen konnte. Als wir es genauer betrachteten, konnten wir sehen, dass es rot und entzündet aussah. Ginaya war voller Panik. Nicht nur, dass sie sich unserem Feind alleine stellen hatte müsse, nicht nur, dass sie nun anscheinend mit ihm verbunden war, nun wurde sie vielleicht auch noch auf einem Auge blind. Entschlossen fragte ich sie, ob sie jemanden wüsste, den sie um Rat und Hilfe fragen konnte. Ich hatte vielleicht nichts gegen das Altern meiner Freunde unternehmen können. Aber vielleicht konnte ich dieses neue Übel verhindern helfen. Ginaya fielen als erstes die Magier bei den Sonnenpriestern ein. Als ich ihr vorschlug, sie mit Dhawyn so schnell wie möglich zu diesen Menschen zu bringen, schöpfte Ginaya wieder Hoffnung. Wir machten uns aus, dass wir unsere Freunde bei den Priestern treffen oder sonst eine Nachricht bei diesen hinterlassen würden. Nachdem ich Dhawyn gerufen hatte, bat mich Grim, auf seine Seelengefährtin aufzupassen. Ich gab ihm dieses Versprechen gerne. Dann ritten wir los.

Dhawyn bewältigte die Strecke, für die wir Tage benötigt hatten, innerhalb weniger Stunden, doch erwartete uns an unserem Ziel eine Enttäuschung. Nur zwei Priester der Sonne waren übrig von dem großen Heerlager, das noch vor wenigen Tagen hier gestanden hatte. Sie erzählten uns, dass all die anderen nach ?????????? aufgebrochen waren. Trotz unserer Enttäuschung blieb uns nichts anderes übrig, als die Nacht dort zu verbringen. Ich wollte nicht riskieren, dass sich Ginaya überanstrengte. Darum bat ich Dhawyn bei uns zu bleiben, um uns am Morgen wieder zu tragen. Während Ginaya schlief, wachte ich über sie.

Am frühen Morgen als Sha noch nicht richtig den neuen Tag begrüßt hatte, brachen wir wieder auf. Wieder dauerte es nur wenige Stunden bis war an unserem neuen Ziel angekommen waren. Ich bedankte mich bei Dhawyn, bevor ich sie wegschickte. Dann folgte ich Ginaya in die Festung, die sich die Sonnenpriester als Lager ausgesucht hatten. Dort erfuhren wir von ihrem Anführer Armando, dass die beiden Magier nicht da waren, sondern zusammen mit ein paar der Sonnenkrieger auf Erkundung. Ginaya vermied es, zu viel von unserem Abenteuer zu erzählen. Nun, die Geschichten meines Volkes erzählen nicht viel Gutes über diese Priester der Sonne. Also konnte ich ihr Misstrauen verstehen. Niedergeschlagen ließen wir uns Zimmer in der Festung geben, damit wir auf unsere restlichen Gefährten warten konnten. Ich denke, dass Ginaya in dieser Zeit dem Anführer von ihrer Krankheit und ihrem Wachtraum erzählte. Auch Delian redete viel mit Armando. Am Ende verabschiedete er sich von uns mit den Worten: „Jetzt sind wir quitt.“ Was auch immer er damit gemeint hatte. Ich selbst konnte in Stille weiter über meinen Schmerz nachdenken, doch kam ich zu keiner Lösung. Während für mein Volk die Tage einfache Begleiter waren, waren sie Räuber für die Menschen. Jeder Einzelne von ihnen nahm ihnen einen Teil ihres nurdas, bis am Ende nur noch zerza übrig blieb. Anscheinend hatten wir einen furchtbar langen Tag erleben müssen. Mich hatte er begleitet und ermüdet. Meinen Freunden gegenüber war er Räuber gewesen. Nichts, was ich tun würde, konnte dies noch ändern.

Wir mussten nur einen oder zwei Tage warten, bevor wir unsere Gefährten wiedertrafen. Auch der zweite Anführer Ucurian kehrte in dieser Zeit zurück. Er hatte auf seinen Erkundungen Männer verloren, aber nichts herausgefunden. Er hatte wohl an der falschen Stelle gesucht. Darum schien er wie die anderen gespannt auf unsere Erzählungen zu warten. Abwechselnd begannen Joela und Ginaya zu berichten, doch plötzlich begannen die Priester zu schreien und zu verlangen, dass wir verbrannt werden sollten. Ich verstand nicht, was los war. Immerhin hatten wir eine Wunde in der Welt geschlossen, oder zumindest die Waffe, die sie geschlagen hatte, entfernt. Warum sollten wir deshalb bestraft werden? Ich verhielt mich abwartend und vertraute auf Ginaya. Sie würde wissen, was zu tun war. Dennoch machte ich mich bereit zum Kampf. Ich musste über meine Dummheit lächeln. Das nächste Mal würde ich meine Waffen nicht zurücklassen.

Zum Glück mussten wir nicht um unser Leben kämpfen. Es waren aber auch nicht wir, die diesen Kampf verhinderten. Es war Armando der Anführer, der einzige dieser Priester, der ihr Ansehen in meinen Augen rettete. Er ordnete an, dass wir gehen dürfen. Nach einigen Murren stimmten die anderen Priester zu. Dann ging er zu uns und empfahl uns, vorsichtiger mit dem zu sein, was wir sagten. Da erkannte ich, dass es der Name Borbarad gewesen war, der zu diesem Aufruhr geführt hatte. Ich schüttelte meinen Kopf. Wir konnten keine Verbündeten brauchen, die ihre Augen vor der Wahrheit verschlossen, nur weil sie sie nicht sehen wollten. Erst recht keine Verbündeten, die sich in ihrer Angst zu solchen Entschlüssen wie zurvor hinreißen ließen.

Anscheinend dachten alle dasselbe, denn wir machten uns noch am selben Tag nach Baliho auf. Auf dem Weg dorthin schlug ich vor, noch einmal als Gruppe Ginayas und Grims Verbindung zu feiern. Ich fand, dass wir uns wieder an der Schönheit von nurda erfreuen sollten. Sonst hätte unser Kampf keinen Sinn gehabt. Wir würden uns sowieso bald wieder trennen. Ginaya und Grim würden zusammen mit Torben nach Punin aufbrechen, von wo Torben weiter zu seiner Familie reisen würde. Ginaya wollte in ihrer neuen Heimatakademie nach Hinweisen und Lösungen suchen, die uns helfen sollten, dieser Bedrohung zu begegnen. Außerdem schien es ihr Kampf zu sein. Immerhin war sie eine der Gezeichneten Borbarads. Natürlich war ihr Kampf auch der unsrige. Trotzdem würde ich zusammen mit Joela zuerst zu meinem Volk aufbrechen. Ich war überrascht und froh gewesen, als sie mir anbot, mich zu begleiten. Ich hatte nicht erwartet, dass sie mir noch einmal in meine Heimat folgen würde. Wir würden allerdings nicht lange bleiben. Nur so lange bis ich meinem Volk berichtet hatte, dass der Öffner der Tore nun einen Namen besaß, und das sein Schatten bereits auf unsere Welt fiel.