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Begegnung mit einem Vampir

Aus Avesfeuer
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Tagebuch Übersicht
Chronik Kapitel
2498 Horas Von Neersand auf nach Vallusa
ING 2498 Horas Die Amazonengöttin
ING - PRA 2498 Horas Von Vallusa auf nach Greifenfurt
2498 Horas Von Neersand auf nach Vallusa
PRA 2498 Horas Die Abtei der Borbaradianer
HES - FIR 2499 Horas Zusammentreffen mit Asleif Phileasson
FIR - TSA 2499 Horas Der Wettstreit beginnt
ING 2507 Horas Wiedersehen in Baliho
ING 2507 Horas Der Aufbruch in die Sichelwacht
ING 2507 Horas Die Drachenpforte
RAH 2507 Horas Kampf auf Turm Drachentodt
RAH 2507 Horas - PRA 2508 Horas Aufenthalt in Weiden
RON - EFF 2508 Horas Nachforschungen über Borbarad
TRA 2508 Horas Einladung von Herzog Waldemar von Weiden
TRA 2508 Horas Unterwegs im Auftrag des Weidener Herzogs
TRA 2508 Horas Begegnung mit einem Vampir
TRA - BOR 2508 Horas Die Jagd beginnt
BOR 2508 Horas Das Mal des Vampirs
BOR 2508 Horas Versöhnung mit Aridhel
BOR 2508 Horas Die Reise zum Blautann
BOR 2508 Horas Die bunte Elfenkatze

24. Travia, 2508 Horas

Grim weckte uns in der Nacht. Er war aufgewacht, weil das Fenster sperrangelweit offen stand. Er hatte einen schwarzen Schatten im Fensterrahmen erkennen können. Er beschrieb uns ein großes zotteliges Wesen mit einem Rabenschnabel und stacheligen nackten Füßen.

Wir bekleideten uns notdürftig und begannen nach Spuren zu suchen. Unter dem Schlafraum meiner Gefährten fanden wir tatsächlich „Fußspuren“. Sie sahen genauso aus, wie die, die ich die Nacht davor am Fensterbrett gefunden hatte.
Wir machten uns daran die Spuren zu verfolgen. Sie führten uns Richtung Norden, vielleicht auch Nordosten. Der Marsch durch den Schnee war sehr mühsam. Ohne Schneeschuhe sanken wir tief ein. Weit tiefer, als das Wesen, das wir verfolgten.
Wenigstens hatte das Schneegestöber am Abend aufgehört, sonst wären unsere Bemühungen der Fährte zu folgen, wohl vergeblich gewesen.

Kurz vor Morgengrauen erreichten wir – völlig außer Atem und fürchterlich durchgefroren – ein kleines abgeschiedenes Gehöft. Müde ließ ich meinen Blick schweifen. Irgendwie schien mir die Gegend hier so vertraut. Dann traf mich Hesinde mit voller Wucht: Wir waren beinahe in Isenhöh! So weit hatten wir dieses Etwas also verfolgt!
Die Spuren führten uns zu einer Scheune. Vorsichtig öffneten wir das Tor einen Spaltbreit und schlüpften hinein. Über uns – vom Boden – erklang Zähneklappern. Bevor wir noch überlegen konnten, was jetzt zu tun wäre, war Torben schon halb die Leiter hochgeklettert. Was immer sich da oben aufhielt, war anscheinend nicht bar aller hesindischer Gaben und stieß die Leiter mitsamt Torben um, bevor dieser den Scheunenboden erreichen konnte. Diese Thorwaler! Immer zuerst handeln, und dann erst denken.
Neben mir sang Aridhel eine kurze Melodie und sprang dann mit einem Satz die 4-5 Schritt auf den Boden hoch. Ich zögerte nicht lange, packte meinen Wurfhaken aus und folgte dem Elfen. Die anderen machten sich daran die Leiter wieder aufzurichten und auch nach oben zu klettern.
Oben konnte man nur Schemen erkennen, denn es herrschte Zwielicht. Die Kreatur hockte ganz hinten, zusammengekauert in einer Ecke. Sie sah wie ein zerzauster Mann mit komisch verkrüppelten Armen und Beinen aus. Das Ding starrte uns mit durchdringenden Augen an: „Verschwindet! Haut ab!“ Obwohl der Scheunenboden fast gänzlich dunkel war, hätte ich schwören können, dass die Augen des „Mannes“ rot glühten. Als er seinen Blick auf mich richtete und mich anstarrte, meinte ich sogar körperliche Schmerzen zu spüren. Ich nahm meinen Mantel von den Schultern und warf sie über die Kreatur, damit er uns nicht mehr anstarren konnte. Schnell packte ich seine Arme und hielt ihn so fest ich konnte. Er spannte seine Muskeln und schleuderte mich mühelos durch die Luft, und zerriss dabei auch meinen Mantel.
Ginaya versuchte mit dem Wesen zu reden, doch brachte auch sie nur: “Verschwindet! Haut ab!“ aus ihm heraus. Ratlos sahen wir uns an. Der Blick des „Mannes“ war sehr unangenehm und wir wussten nicht, was wir mit ihm tun sollten. Also kletterten wir hinunter, um uns zu beratschlagen. Das Ding konnte von dort oben ohnehin nicht unbemerkt verschwinden.

Was tun? Der Mann schien uns nicht böse gesinnt zu sein, aber etwas war komisch an ihm. Warum hatte er uns im Schlaf beobachtet?
Vielleicht war er ja nur hungrig und verwirrt und durchgefroren? Wir hofften mit ein wenig Essen und warmen Decken sein Vertrauen zu gewinnen. Ginaya und ich gingen zum anliegenden Bauernhaus und klopften dort an. Ich zitterte erbärmlich ohne Mantel. Es war wirklich empfindlich kalt an diesem Morgen. Umso glücklicher war ich darüber, dass die Bäuerin Rechhilde Travias Gebote so hoch hielt und uns sofort in die warme Stube bat. Wir erzählten ihr, dass wir und noch drei Gefährten in ihrer Scheune Schutz suchen würden vor der beißenden Kälte und baten sie um ein paar warme Decken und ein wenig Nahrung. Bereitwillig gab sie uns wonach wir verlangten.
Zurück in der Scheune diskutierten wir, wie wir jetzt weiter vorher gehen würden, da hatte sich Aridhel schon ein wenig von dem Essen und eine warme Decke geschnappt und war noch oben geklettert. Ein wenig ratlos sahen wir uns an. Nun, Aridhel würde das schon machen. Er war gut darin Vertrauen zu wecken.

Und dann hörten wir einen markerschütternden Schrei. Jeder von uns kannte diesen Schrei. Es war unser Gefährte, der in Schwierigkeiten war. Torben sprintete zur Leiter. Grim sah mein entsetztes Gesicht und reagierte sofort. Er verschränkte seine Finger, suchte sich einen sicheren Stand und nickte mir zu. Ich nahm Anlauf, setzte meinen Fuß in seine Phexleiter und er katapultierte mich nach oben.
Dort oben erwartete mich ein fürchterlicher Anblick. Schlaff hing Aridhel in den Armen des Wesens, das ihn in so einer Art Würgegriff festhielt. Mit einem Wutschrei zog ich meine Schwerter und stürzte mich auf die Kreatur. Als ich ganz nah heran war, sah ich das Blut von Aridhels Hals troff. Das Ding hatte sich in ihn verbissen! Was, bei allen Zwölfen, ging hier vor? Angst kroch in mir hoch. Sollte ich meinen Geliebten, nach dem wir gerade erst wieder zueinander gefunden hatten, schon wieder verlieren? Nein! Das würde ich nicht zulassen!
Mit aller Kraft rammte ich mein Rapier in das Fleisch dieses Ungeheuers und wirklich, es ließ von Aridhel ab und wandte sich mir zu. Entsetzt sah ich, wie sich die Wunde, die ich eben geschlagen hatte, vor meinen Augen schloss.
Inzwischen war auch Torben heran und verwickelte dieses „Etwas“ in einen Kampf. Ginaya kümmerte sich sofort um meinen geliebten Elfen. Konnte dieses Ding da vielleicht ein Vampir sein? Ich dachte immer, das wären nur Geschichten um kleine Kinder zu erschrecken.
Grim hatte derweil seinen Borndorn gezogen und warf ihn nach dem Wesen. Hm, diese Dolche vom Herzog waren versilbert. Hatte Jaloscha nicht einmal am Lagerfeuer eine Gruselgeschichte erzählt, in der ein Zwerg sieben Vampire mit einem silbernen Dolch getötet hatte? Entschlossen packte ich den Borndorn und schnappte mir auch noch Ginayas und griff das Ding von Neuem an. Ich vermag nicht zu sagen, ob ich ihm größeren Schaden zufügte, als zuvor. Auch diese Wunden, die ich mit den versilberten Waffen schlug, heilten wieder sofort zu.
Und dann wurde ich ganz plötzlich geblendet. Ich konnte meinen Gegner nicht mehr sehen. Instinktiv ließ ich mich nach hinten fallen. Weg von den reißenden Klauen, die mich schon einmal schmerzhaft getroffen hatten. Irritiert sah ich mich um. Dann verstand ich, Grim versuchte das Ding mit Sonnenlicht, das in einem schmalen Strahl in die Scheune fiel, zu blenden. Natürlich, Praios Macht! Ich nahm „Sha“ - Aridhels blitzendes Wolfsmesser und tat es Grim gleich. Tatsächlich! Dem Ungeheuer entfuhr ein Schmerzensschrei, als es vom Sonnenlicht getroffen wurde. Das war also die Waffe, mit der wir dieses unheilige Ding verletzen konnten.
Torben zögerte nicht lange und hieb, mit einem gewaltigen Schlag, auf die Scheunenwand ein, die splitternd zerbarst. Das Wesen stand nun unvermittelt in Praios Strahlen. Pusteln bildeten sich auf seiner Haut und einen Wimpernschlag später war es zu Asche zerfallen.
Dann hörten wir ein Ächzen über unseren Köpfen und ein Teil des Daches krachte herunter. Nun, wo ein Thorwaler geht, wächst kein Gras mehr. Torben hatte da wirklich ganze Arbeit geleistet.

Erleichtert atmeten wir auf. Der Kampf war recht glimpflich für uns verlaufen, und selbst Aridhel stand wieder auf den Beinen und schien wohlauf zu sein. Nun mussten wir uns nur überlegen, wie wir der armen Bäuerin beibringen sollten, das ihre halbe Scheune eingebrochen war, ohne sie mit der Schilderung dieses Wesens zu sehr zu beunruhigen. Das würden wohl am besten Ginaya und ich übernehmen.

Als wir in der warmen Stube von Rechhilde saßen und ich ihr gerade von dem „Zwischenfall“ berichten wollte, hob sie an zu erzählen. Ganz traurig berichtete sie uns, dass ihr Sohn Fredo seit Anfang Praios verschwunden war. Neugierig horchten wir auf und baten sie uns ihren Sohn zu beschreiben. Fredo schien verdächtig fiel Ähnlichkeit mit unserem getöteten Vampir(?) zu haben. Also erzählten wir der Bäuerin, dass der Thorwaler in seiner Wut einen Stützbalken beschädigt hätte und daraufhin ein Teil des Daches eingebrochen wäre. Entsetzt sah uns die Frau an. Mitten im Winter war eine kaputte Scheune alles andere als eine Lappalie. Sie tat mir leid.
Wir einigten uns darauf, das sie mir ihr Pferd lieh, damit ich unsere Kaleschka und unsere Reittiere aus Anderath holen konnte. Derweil würden die anderen helfen die Scheune notdürftig zu reparieren. Des weiteren gab ich ihr vier Dukaten, die sie dankend annahm, um sie für ihre Mühen zu entschädigen.

Es war fast dunkel als wir in Anderath ankamen. Schweigend begaben wir uns zum Abendmahl. Wir machten uns große Sorgen um Aridhel. War es wirklich ein Vampir gewesen, der ihn gebissen hatte? Und wenn, hieß das, das er auch zu einem werden würde?
Ich versuchte mich an die Geschichten über diese Wesen der Nacht zu erinnern. Knoblauch mochten sie nicht, das war allgemein bekannt. Also aßen wir alle soviel Knoblauch zum Abendbrot, wie noch nie zuvor in unserem Leben. Ginaya wollte auch von Aridhel, das er welchen aß. Sie sollte doch eigentlich wissen, dass das nichts für seinen sensiblen Geruchssinn ist. Tapfer würgte er trotzdem eine ganze Knolle hinunter. Doch gleich darauf traten ihm die Tränen in die Augen und er stürmte würgend aus der Stube.
Ginaya sah ihm misstrauisch nach und auch die anderen schienen ein wenig beunruhigt zu sein.

Was hatte ich bloß alles über Vampire gehört? Selbstmörder und Geldverleiher und Henker wurden doch angeblich zu welchen. Na, kein Wunder, das es in Weiden welche gab. Salz konnte helfen und Alraunenpulver hält sie fern. Irgendetwas war auch mit Praiosblumenkernen, aber ich bin zu müde, um mich zu erinnern, ich werde mich wohl schlafen legen.

24. Travia, 2508 Horas

Ich bin noch immer voller Empörung! Bevor wir uns zur Nachtruhe begaben, entbrannte ein hitziger Streit. Ginaya wollte unbedingt Aridhel in Fesseln legen während der Nacht. Sie hielt ihn für eine potentielle Gefahr. Auch die Thorwaler brummten zustimmend. Sie fanden alle seine Reaktion auf den Knoblauch besonders verdächtig. Diese Crétins! Wenn ich eine rohe Schnecke essen würde, würde ich mir auch die Seele aus dem Leib kotzen. Elfen und Menschen bevorzugen nun einmal andere Speisen. Nur weil wir Milch trinken, glaubt Aridhel doch auch nicht das wir Kälber sind!

Meine Gefährten waren nicht zur Vernunft zu bringen. Sie wollten den Elfen unbedingt gefesselt wissen und Wachen aufstellen. Aridhel willigte seufzend ein. Ich konnte es gar nicht fassen! Wie konnten sie allen ernstes von mir verlangen ihn zu binden? Seit wann behandelten wir so unsere Gefährten? Hatten wir Ginaya in Fesseln gelegt, als sie erzählt hatte, dass Borborads (!) Geist durch sie hindurch gefahren war und sie sich so komisch verhielt? Nein.
Ich kochte vor Wut und fühlte mich beschämt durch ihr Verhalten. Aber es war spät und wir hatten seit über 40 Stunden nicht mehr geschlafen. Sollten sie doch glauben, dass ich Aridhel in Fesseln legte. Cronar hatte mir einen Knoten beigebracht, der sehr stark und stabil aussah, aber wenn man leicht daran zog, sofort von einem abfiel. So würde mein Freund dennoch einen erholsamen Schlaf haben.

Ich sitze gerade in der Kutsche nach Baliho. Allein, die anderen ziehen es vor zu reiten. Sie wollen wohl Aridhel im Auge behalten. Mir soll es Recht sein, so habe ich wenigstens Ruhe für meine Aufzeichnungen.
Ginaya und ich waren beim Praiosgehöft, in der Hoffnung etwas über dieses Wesen in Isenhöh herauszufinden. Der Tempel in der Stadt ist ja, seit die Orks ihn geschändet haben, geschlossen. Die junge Geweihte dort meinte auf unsere Beschreibung hin, es könnte sich um einen „Seelenfresser“ handeln. Diese Kreaturen sind so etwas wie Dämonen und saugen Seelen aus. Wenn man sie vernichtet, zerfallen sie zu Staub. Bei unserer Rückkehr zum Gasthaus kam es zu einem Tumult vor dem alten Praiostempel. Ein Mönch – Emeran – sammelte Spenden für den Wiederaufbau von dem Kloster Arras de Mott im Finsterkamm. Auch wir gaben ihm ein wenig Geld, als plötzlich ein vom Glauben abgefallener Praios-Hochgeweihter über ihn herfiel. Diesen Geweihten hatten wir früher schon bemerkt. Er hatte vor dem Tempel gesessen und lamentiert, es gäbe keine Götter und all so was. Der Überfall der Orks, und vor allem das sie „ungehindert“ den Praiostempel zerstören konnten, hatte ihn völlig in seinem Glauben erschüttert.
Wir trennten also die beiden. Besser gesagt, wir befreiten Emeran, von dem wütenden „Praioten“. Der Mönch war uns sehr dankbar und bot uns an ihn zu konsultieren, wenn wir jemals über den Finsterkamm müssen. Er meinte es wäre dort gefährlich. Zurzeit kämen die Harpyien besonders weit ins Land herunter.
Die anderen waren inzwischen beim hiesigen Baron – Arbolf vom Pandlaril – gewesen. Von Verschwundenen konnten sie nicht berichten, aber von einem ungewöhnlichen Vorfall in der Schenke. Ein Mann war hier getötet worden, doch als man ihn fortbringen wollte, war sein Leichnam verschwunden gewesen.
Jetzt sind wir jedenfalls mal auf dem Weg nach Baliho. Wir hoffen, bei den dortigen Praioten mehr zu erfahren. Irgendjemand hat uns in Anderath einen Ausschnitt über Vampire aus den Trollzacker Fragmenten zukommen lassen. Klingt alles sehr nach unserem „Fredo“...

Am späten Nachmittag sind wir dann endlich angekommen. Wieder einmal mieteten wir uns im „Kaiserstolz und Orkentod“ ein. Ich legte nur schnell mein Gepäck ab und machte mich auf den Weg zum Praiostempel. Ginaya war nicht so erfreut, die Geweihten zu dieser späteren Stunde zu stören, aber sie begleitete mich dennoch.
Im Tempel trafen wir auf ein bekanntes Gesicht – Brunn Baucken, der Mann, der die Vision über den Magier der unter dem Regenbogen geboren wird, hatte. Natürlich, er war der Hochgeweihte von Baliho! Wie hatten wir daran nicht denken können?! Mit etwas gemischten Gefühlen standen wir ihm gegenüber. Die letzte Begegnung mit ihm war nicht so angenehm verlaufen. Er war einer der Geweihten gewesen, die auf Ucurians Seite gestanden hatten.
Ich fasste mir Mut und erzählte ihm von unseren Erlebnissen mit dem vermeintlichen Vampir und zwang Ginaya ihm den Ausschnitt aus den Trollzacker Fragmenten zu zeigen. Brunn Bauckens anfängliche Skepsis legte sich ein wenig und er versprach uns, dass er versuchen würde etwas herauszufinden. So freundlich und hilfsbereit hatte ich ihn wahrlich nicht in Erinnerung, ob es daran lag, das wir dieses Mal im offiziellen Auftrag des Herzogs unterwegs waren?
Wir beteten noch ein wenig und machten uns dann auf den Weg zurück zum „Kaiserstolz und Orkentod“. Inzwischen war es dunkle Nacht.

Beim Marktplatz angekommen, klappte Ginaya auf einmal ihre Augenbinde herunter, und marschierte wie in Trance los, in Richtung SSW. Ich rief ihren Namen, aber sie reagierte nicht. Also lief ich neben ihr her, damit ihr nichts geschehe. Sie steuerte genau den Pandralil an und kurz bevor sie sein Ufer erreichte, stellte ich ihr ein Bein. Sonst wäre sie vielleicht noch ins kalte Nass gesprungen.
Ginaya kam zu sich und erklärte mir, sie wäre einem Strahl magischer Macht gefolgt, der mitten durch die alte Eiche führte und hier entlang lief. Was hat das nun schon wieder zu bedeuten???

In unseren Zimmern erzählten wir den anderen, was Ginaya und ich erfahren und erlebt hatten. Aridhel sah sehr betrübt aus. Er schien sich große Sorgen zu machen. Die Stelle, wo der Vampir ihn gebissen hat, ist kalt und taub.
Torben, Grim und Ginaya sind noch einmal hinunter in den Gastraum gegangen, aber ich blieb oben bei Aridhel.

Es war schon spät in der Nacht als sie heraufkamen und uns aufgeregt weckten. Sie hatten in der Stube Sefira, die Wahrsagerin aus Khunchom, getroffen! Sie hatte Ginaya die Karten gelegt, wie sie es einst für Grim getan hatte. Doch als sie „das große Rad“ fertig ausgebreitet hatte, war sie entsetzt aufgesprungen, hatte Ginaya die Inrah-Karten in die Hand gedrückt – sie würde sie dringender brauchen – und war dann verstört weggelaufen.
In der Mitte hatte der Narr gelegen. Er steht für Ginaya und das sie allein die Wahrheit kennt. Doch kann sie diese nicht einfach verkünden. Sie muss warten, bis die Zeit gekommen ist und sie die anderen überzeugen kann. Die zwölf Karten rundherum waren der Magier des Feuers, der Magier des Wassers, der Magier des Humus, der Magier der Luft, der Magier des Erzes, der Magier des Eises, die Wahrsagerin des Feuers, die Wahrsagerin des Wassers, die Wahrsagerin des Humus, die Wahrsagerin der Luft, die Wahrsagerin des Erzes und die Wahrsagerin des Eises. Also jeweils Magier und Wahrsagerin aller sechs Elemente.

26. Travia, 2508 Horas

Auch heute morgen war ein Teil von Aridhels Hals nach wie vor kalt und taub. Er wird sich doch nicht auch in so eine Kreatur verwandeln, oder? Wird man zu einem Vampir, wenn man gebissen wird, wenn man von einem verletzt wird, oder reicht es, wenn sie einen mit ihren durchdringenden Augen lange genug anstarren? Wir wissen es nicht. Gerüchte gibt es viele. Brunn Baucken meinte gestern, falls wir intensiven Kontakt mit der Kreatur hatten, sollten wir mit ihm gemeinsam zum Götterfürsten beten, dass er unsere Seelen, unser Blut und unser Herz reinige. Wir zögerten nur kurz, doch dann waren wir uns einig, so eine Zeremonie im Praiostempel könne sicher nicht schaden.

Brunn Baucken war schon, wie gestern, sehr nett zu uns und erklärte sich sofort bereit mit uns zu beten. Die Andacht schien eine halbe Ewigkeit zu dauern. Außer Aridhel – der stand – knieten wir alle am harten Steinboden. Als ich meine Beine schon längst nicht mehr spürte und das Gefühl hatte nicht eine Sekunde länger so verharren zu können, richtete sich der Hochgeweihte endlich auf. „Nun, das sollte genügen.“
Er überreichte uns eine kleine Abschrift aus einem Buch. Dies hatte er in den Büchern des Tempels gefunden. Demnach werden nicht alle die von einem Vampir gebissen werden selbst zu einem. Nur manche von ihnen ereilt dieses Schicksal. Wir bedankten uns und waren gerade dabei den Tempel zu verlassen, als Grim fragte, ob wir nicht vielleicht ein wenig Myrre oder so etwas haben könnten. Wie konnte er es nur wagen?! Der Praiot sah ihn erstaunt an und fragte: „Seit ihr bereit eine Queste im Namen des Herren zu bestreiten um Buße für eure Sünden zu tun?“ Was für eine unangenehme Situation! Alle starrten verlegen auf ihre Stiefel. Brunn Baucken musterte einen nach dem anderen und ließ seinen Blick auf mir ruhen. Ich war als Anführerin der Gruppe erkennbar (wie immer trug ich den Ring des Herzogs) und es war an mir ihm zu antworten. Ich musste an Cronar denken. Er hätte mich dafür mit einem Stiefeltritt vor die Türe gesetzt. Ich wand mich hin und her und murmelte, wir hätten derweil schon anderwärtige Verpflichtungen, aber vielleicht ein andersmal, und beeilte mich den Tempel zu verlassen. Draußen warf ich Grim einen bösen Blick zu.

Ginaya brach in die Bibliothek auf, Torben ging in die Stadt und wir restlichen drei machten uns auf den Weg zum hiesigen Efferdschrein. Vielleicht könnten wir dort eine Geweihte antreffen. Angeblich kann efferdgeweihtes Wasser Vampire töten.
Natürlich war uns dieses Glück nicht vergönnt und so schnell wird auch keine Geweihte in Baliho vorbei kommen. Grim blieb trotzdem beim Efferdschrein und betete. Aridhel setzte sich ein wenig an den Pandlaril zum Meditieren. Na schön, hatte ich wenigstens mal ein bisschen Zeit für mich.

Ich musste nicht lange überlegen, wohin mich meine Schritte lenken sollten. Ich wusste, es gab hier einen Phextempel, also machte ich mich auf die Suche nach ihm. Zeichen auf der Straße und an den Häusern, die oft den Weg weisen, konnte ich nirgends entdecken. Ich setzte mich auf den Marktplatz und beobachtete die Menge ein wenig. Es dauerte nicht lange, da wurde ich auf einen kleinen Beutelschneider aufmerksam. Der wusste bestimmt wo der Tempel war. Ich folgte ihm also, ohne das er auf mich aufmerksam geworden wäre. Schließlich verschwand er in einem kleinen Haus. Nachdem ich mich ein wenig umgesehen hatte und mir relativ sicher war, dass niemand außer dem Dieb drinnen war, öffnete ich die Tür und trat ein.
Überrascht, und auch ein wenig entsetzt, war er aufgesprungen. Ich schnappte mir einen Stuhl und setzte mich ruhig hin: „Phex zum Gruße“, sagte ich und bot ihm nach altem Brauch einen fairen Handel an. Seine Freiheit gegen die Information, wo ich den Tempel finden konnte. Der Mann war ganz bleich geworden und brüllte plötzlich: „Hilfe, Hilfe, der Metzenschnitter!!!“ „Der was?“ fragte ich nur.
Wenige Augenblicke später standen zwei zitternde Männer in der Tür, die unsicher von mir und wieder zum Dieb sahen. Langsam stand ich auf und deutete ihnen draußen zu warten, wohlweislich so, das sie den Siegelring vom Herzog bemerken mussten. Danach wandte ich mich wieder dem Beutelschneider zu. „Also noch einmal von vorne. Ich suche den Tempel. Wenn du mir sagst, wo er ist, kann ich vielleicht davon absehen, dich den Stadtbütteln zu übergeben.“ Jetzt hatten wir uns endlich verstanden und kurz darauf war ich auf dem Weg zum Phextempel.

Der Tempel war ein unscheinbares Haus im Norden. Ich unterhielt mich ein wenig mit dem hiesigen Geweihten Neskor Erfoldt. Er erzählte mir, was es mit diesem Metzenschnitter auf sich hat. Seit Praios wurden immer wieder Dirnen getötet, daher also der ungewöhnliche Name. Die meisten Morde geschahen im Hafenviertel. Das verwundert nicht, angesichts der Opfer, die der Mörder erwählt.
Ich entschuldigte mich bei Neskor und setzte mich in eine ruhige Ecke des Tempels, um ganz ungestört zum Herren Phex beten zu können.

Zum Abendbrot kehrte ich zurück in die Schenke. Die anderen saßen schon am Tisch und lauschten gespannt Torbens Erzählungen. Auch er hatte in den Straßen von dem Metzenschnitter erfahren. Das letzte Opfer ist erst gestern ermordet worden und so konnte er sich ihre Leiche ansehen. Sie war zerstückelt, Gliedmaßen und Kopf waren abgetrennt worden. Auf der Brust war ihr ein Traviazeichen eingeritzt worden und darunter stand das Wort Rache in ihr Fleisch geschrieben. Was uns aber wirklich aufhorchen ließ war, als Torben meinte, er hätte zwei Bissmale an ihrem Hals entdeckt. Also trieb auch hier ein Vampir sein Unwesen.
Wir unterhielten uns noch ein bisschen über Vampire und Ginaya meinte im Svelltal erzähle man sich, dass der Blick eines Vampirs die Seele raubt. Allerdings behaupten das die Weidener auch von Elfen. Und trotzdem ich war nun ein wenig beunruhigt. Es gab nur einen, der mir bei dieser Frage helfen konnte.

Als Grim und Torben ins Hafenviertel aufbrachen, um mehr über die Morde herauszufinden und Ginaya und Aridhel zur alten Eiche gingen, um sich die magischen Linien noch einmal anzusehen, machte ich mich auf den Weg zum Phextempel.
Ich erklärte Neskor, dass ich sehr besorgt darüber war, das ich vielleicht meine Seele verloren haben könnte und bat ihn mich einer Prüfung zu unterziehen. Er konnte meine Bedenken zerstreuen und meinte, ich hätte in jeder Hinsicht unseres Herren Phex eine gute Gesinnung. Erleichtert kehrte ich im Morgengrauen in unser Gasthaus zurück.