Die bunte Elfenkatze
Inhaltsverzeichnis
13. Boron, 2508 Horas
Grims und meine Nachforschungen in der Bibliothek von Rhodenstein waren alles andere als erfolgreich. Es gibt zwar sehr viele Bücher auf dieser Burg, aber leider blieb uns das meiste Wissen vorenthalten, denn ein großteil der Texte sind in Aureliani oder Bosparano geschrieben. Leider sind weder Grim noch ich in der Lage diese Sprachen zu lesen. Alles was wir finden konnten, waren Bücherstellen, die wir ohnehin schon kannten. So waren wir also bereits am späten Vormittag mit unserer Suche fertig. Ein wenig ratlos saßen Grim und ich im Innenhof der Burg, als plötzlich Aridhel auftauchte. Er wirkte regelrecht verzückt, als er uns erzählte, sie hätten Oropheia – die Eulenkönigin des Blautanns getroffen. Er forderte uns auf ihn zu begleiten, denn Luzelin wolle uns alle sehen. Beim Wald angekommen bot sich ein fantastischer Anblick. Hoch auf einem Ast saß eine Eule so riesig und majestätisch, wie ich noch nie zuvor eine gesehen habe. Ihre bernsteinfarbenen Augen funkelten sanft im Praioslicht. Ginaya erklärte mir, es handle sich bei Oropheia um eine Tierkönigin. Diese Wesen entstanden aus Los´ Tränen und sind angeblich unsterblich. Wir folgten einem schmalen Bachlauf und es begann schon zu dämmern, als wir unser Ziel endlich erreichten. Eine kleine Grotte mit einem Kräutergarten davor. Der Eingang war verhängt und man konnte eine kleine Rauchsäule aus dem Gestein aufsteigen sehen. Oropheia sagte: „Luzelin will euch sehen. Zum letzten Mal,“ bevor sie davonflog. In der Grotte bot sich uns ein beeindruckendes Farbenspiel, ein regelrechtes Meer aus Tsas Pracht. In der Höhle sah es wie in einer „Hexenstube“ aus. Überall Regale, Weidenkörbe, Kesseln, Fläschchen und Kräuter. Ginaya flüsterte uns noch zu, dass sich hier zwei starke Kraftlinien schneiden würden, als eine sehr attraktive Frau, so um die 50, mit einem Kater auf dem Arm vor uns stand. Luzelin vom Blautann. Zufrieden betrachtete sie Aridhel: „Du bist es also.“ Geschwind begann sie mit der Nadel ein Bild auf Aridhels Brust zu malen. Wie gebannt starrten wir auf die beiden. Das Ganze dauerte eine Weile, doch zuckte Aridhel nicht einmal zusammen. Anscheinend schmerzte ihn das „Tätowieren“ nicht und wir konnten sehen, dass sich während der ganzen Zeit nicht ein Blutstropfen von seiner makellosen Haut löste. Wie von Rondras Blitz getroffen standen wir herum. Das klägliche Miauen von Luzelins Kater holte uns ins Hier und Jetzt zurück. Die oberste Hexe Weidens hatte uns also den zweiten Gezeichneten gebracht, das wandelnde Bildnis. Doch lag sie nun tot vor uns. Ein Vampir musste sich ihrer bemächtigt und sie zu seinesgleichen gemacht haben. Wir fanden einen Brief von Luzelin, welcher an uns gerichtet war. Darin schrieb sie, ein Vampir hätte sich vor nicht allzu langer Zeit zu ihr geschlichen und sie gebissen. Doch hätte er nicht aus freien Stücken gehandelt, sondern wäre von jemanden dazu gezwungen worden. Drei Fürsten der Vampire kämen dafür in Frage: der Henker von Greifenfurt, Bronn – das Orakel vom Purpurberg und Walmir von Riebeshoff – Herr der Acheburg. Des weiteren erlaubte uns Luzelin in dem Brief alles mitzunehmen, was wir gebrauchen konnten. Wir packten so manches Fläschchen ein, das uns nützlich erschien (Heiltränke, Zaubertränke, Antidot, Schlafgift,...). Gut und gerne mochte alles zusammen weit über 1000 Dukaten wert sein. Doch ließen wir auch manches zurück, für die Nachfolgerin Luzelins, die die Höhle „erben“ würde. Wir machten uns gerade daran Luzelin gemeinsam mit ihrem „Vertrauten“ – dem Kater Pallikratz – zu verbrennen, wie sie es gewünscht hatte, als drei Hexen am Nachthimmel auftauchten. Sie kamen auf Besen, Zaunlatte und Wagenrad daher geritten. Eine von ihnen – ein gar hässliche Person – stellte sich als Achaz vor und verlangte Zugang zur Höhle. Sie sei nun die neue Oberhexe Weidens und die Grotte gehöre ihr. Die Hexen begannen wild zu streiten. Gwynna war wütend auf Achaz, das sie den Tod von Luzelin so entweiht hatte und beanspruchte ihrerseits die Nachfolge als oberste Hexe Weidens. Nach einigem Hin und Her trollte sich Achaz wütend und sprach gar furchtbare Worte, die ich kaum wage niederzuschreiben, bevor sie in der Nacht verschwand: „Asfaloth möge euch holen!“ Was für ein ganz und gar schändliches und frevlerisches Gebaren!!! Möge Tsas gerechte Strafe sie treffen!!! Wir wachten noch eine Weile mit den Hexen am Feuer, um Luzelin die letzte Ehrerweisung zu erbieten. Mit Schaudern dachte ich daran, wie Torben ihr den Kopf abgeschlagen hatte und sie danach noch einmal die Augen aufgeschlagen hatte. Wie unglaublich groß und stark musste ihr Wille sein sich gegen den Bethaner zu stellen, wenn sie sich so sehr ans Leben klammerte. Seit vielen Jahren hat sie nur versucht ihre Schwestern auf die kommende Gefahr vorzubereiten und sie zu rüsten. Mit ihr verließ ein wertvolle Verbündete Dere. Es stimmt mich traurig, vor allem da ich weiß, dass es nicht das letzte Begräbnis eines Freundes sein wird, dem wir beiwohnen werden... |
14. Boron, 2508 Horas
Wir haben gemeinsam mit Gwynna, die nun die Nachfolge Luzelins antreten wird, die Nacht in der Höhle verbracht. Sie hat uns gewarnt. Wir haben nur mehr bis zum nächsten Neumond - das ist bereits nächste Woche, in der Nacht vom 22. auf den 23. Boron – Zeit, um den Vampir aufzuhalten. Also beeilen wir uns zurück nach Rhodenstein zu kommen und dann wird uns unser Weg umgehend zur Acheburg führen. Wallmir von Riebeshoff dürfte der Vampir sein, den wir finden und aufhalten müssen. Zumindest hoffen wir das. Die Acheburg ist nämlich der einzige Ort, den wir bis Vollmond erreichen können... Bei unserem Weg zurück durch den Wald fiel mir auf, das Aridhel sich irgendwie verändert hatte. Er wirkte charismatischer, schien aufrechter zu gehen und trotz der ernsten Lage, in der wir uns zur Zeit befinden, kamen ganz und gar rahjanische Gelüste in mir auf. Der Burgsess kann uns leider keine Mannen zur Unterstützung mitgeben, aber wir dürfen uns in seinem Waffenlager nehmen, was wir benötigen. Dies ist vor allem für Torben ein wichtiges Angebot, denn er hat seine Waffen in der Arögrotte verloren. Auch ich nutzte diese Möglichkeit und nahm mir ein Schild mit. Es kann für mich bestimmt von großem Nutzen sein, wenn ich wieder einen Vampir pflocken muss. Nachdem heute nicht mehr an eine Weiterreise zu denken war, zog ich mich früh mit Aridhel zurück. Die Katze auf Aridhels Brust ist wahrlich ein Kunstwerk. Buntgetigert prangt sie von seiner Brust herunter. Umgeben von Ornamenten in grün, rot, gelb und kobaltblau. Und wenn man genau hinsieht, erkennt man, dass sie zwei unterschiedliche Augen hat. Ein Grünes und ein Blaues. Man erzählt sich Geschichten über Elfen die zwischen den Fey und den Menschen vermittelten. Sie trugen alle eindrucksvolle Bildnisse. Ist Aridhel nun unser „Vermittler“? Ist es seine Aufgabe die Völker zu einen und gegen Borborad zu führen? In den Al´Anfanischen Prophezeiungen heißt es ja: „Wenn das wandelnde Bildnis zum Bündnis bittet.“ |
15. Boron, 2508 Horas
Ginaya hat gestern noch einen interessanten Artikel in der Bibliothek gefunden. Demnach wandelt sich was der Mensch geglaubt hat, in welchem Monat er geboren wurde, als Fluch gegen ihn, wenn er zum Vampir geworden ist. Sie hat auch noch eine Aufzeichnung gefunden, in der es hieß einen Vampir könne man töten, indem man ihn zum Zweikampf auffordere. Das könnte dann für einen einst rondrianischen Menschen wohl zutreffen. Es würde auch erklären, warum Luzelin etwas von „Küssen“ und „Wein“ gestammelt hat. Sie fühlte sich bestimmt der Göttin Rahja am Verbundensten. Wenn das alles stimmt, dann werden wir Wallmir von der Acheburg bestimmt nur mit Praiosgefälligem beikommen können. Das Praioslicht, oder vielleicht auch ein Praiosszepter könnten ihn vermutlich töten. Unsere Reise führt uns entlang des Finsterbachs. Wir folgen einem schmalen Pfad. Hoffentlich sind wir auf dem richtigen Weg! Auf dem Weg zum richtigen Vampir... |
16. Boron, 2508 Horas
Am Vormittag fanden wir eine Leiche im Schnee. Sie hatte mehrere Stichwunden in Brust und Bauch. Es war ein Draconiter und so weit wir es abschätzen konnten, wurde er von einem Borndorn getötet. Aus dem „Buch der Schlange“, das er natürlich bei sich führte, konnten wir erfahren, das sein Name Hardulf von Hartsten war. Er war ein Akoluth des Hesindetempels und so wie es aussah „Vampirtöter“. Neben ihn im Schnee lag ein Stab aus Blutulmenholz. Zwei Spann lang mit Praios, Boron, Hesinde und Tsa gefälligen Steinen verziert. Bestimmt hatte er ihn als Waffe gegen die unheiligen Kreaturen benutzt. Die Leiche des Draconiters nahmen wir mit und begruben sie im nächsten kleinen Dorf. Sein Szepter jedoch nahmen wir an uns. Auch wenn wir nicht so recht wissen, wie und ob wir es benutzen können, hoffen wir, dass es uns vielleicht noch gute Dienste bei der Jagd auf die Vampire leisten wird. Am Abend erreichten wir Scheutzen. Ein kleines Dorf am Fuße des Finsterkamms. Die Menschen hier sind sehr misstrauisch. Viel Hunger, Not und Elend hat dieses Dorf erschüttert. Von hier an müssen wir zu Fuß weiter gehen, wenn wir die Acheburg erreichen wollen. Die Rittfrau Dorntrud von Scheutzen hat uns eindringlich davor gewarnt diese Burg aufzusuchen. Aber dies kann uns nicht abhalten. Viel zu viel steht auf dem Spiel, als das wir uns jetzt erlauben dürften zu zögern. |
17. Boron, 2508 Horas
Der Weg in den Finsterkamm hinein zur Burg ist sehr beschwerlich. Wir reisen alle mit recht leichtem Gepäck, da wir unsere Pferde in Scheutzen zurück lassen mussten. Die Gruppe ist recht schweigsam. Niemand von uns weiß so recht, was uns dort erwarten wird und ob wir diesem Kampf gewachsen sein werden. Doch welche Wahl haben wir schon?!
Am frühen Nachmittag kamen wir an einer Geisterscheuche vorbei, die in Richtung Archeburg blickt. Ein kalter Schauer rann mir den Rücken herab, als ich den Holzpfahl mit dem Pferdetotenkopf darauf sah. Ich denke auch den anderen wird immer mulmiger zumute. Der Weg bergan wurde immer mühsamer und zwischendurch müssten wir regelrecht klettern, um voranzukommen. Immer wieder hat sich der eine oder andere Hände, Arme oder Knie aufgeschürft. Meine Gefährten und ich sind davon überzeugt, dass wir bis zum Sonnenaufgang warten sollten, bis wir in das „Reich“ des Erzvampirs eindringen. Das Praioslicht ist vielleicht die einzige Waffe, die wir gegen ihn haben. Also haben wir uns ein Versteck in einer Höhle gesucht. Wir werden doppelte Wachen halten, angesichts des Orts an dem wir uns befinden. |
18. Boron, 2508 Horas
Die Nacht war ereignislos. Als wir uns auf den Weg zur Burg machten, fiel der Schnee in dicken Flocken und dichter Nebel umhüllte uns. Drei Krähen saßen auf einem verdorrten Ast und musterten uns eindringlich. Bei den Zwölfen, wohl kein gutes Zeichen.
Mächtig ragten die Türme der Acheburg vor uns auf. Zum Burghof konnten wir uns noch ohne Schwierigkeiten Zutritt verschaffen. Dort befand sich ein Boronanger mit einigen Grüften. Einige Gräber schienen aufgebrochen zu sein und Orkleichen lagen herum. Von allen Seiten schien es zu kommen. Plötzlich hingen wabernde Lichtgestalten in der Luft. Orkgeister! „Keine Gefangen,“ brüllte der Anführer und die Gestalten kamen auf uns zu. Aridhel trat vor und versuchte mit ihnen zu reden. Und tatsächlich! Ich wollte meinen Augen kaum glauben, redete der Ork mit ihm! Also hat Pardona mit Hilfe der „unsichtbaren Kralle“ den Vampir der Acheburg geweckt und ihren Diensten „unterworfen“. Was wir wissen, dürfte er nicht ganz freiwillig mitgegangen sein. Bevor wir uns wieder zum Abstieg machten, hackten wir den Orkleichen die Köpfe ab und verbrannten sie, so wie ihre Geister uns gebeten hatten. Sollen sie ihren Frieden finden und herumwandelnde Orkgespenster sind bestimmt auch nicht im Sinne der Zwölfe. |
19. Boron, 2508 Horas
Wollen wir den Nachtschattenturm noch vor dem 23. Boron erreichen, müssen wir unseren Pferden alles abverlangen. Ein langer Weg liegt vor uns. Wir werden über Trallop reisen, denn dort sind die Straßen am Besten und wir kommen am Schnellsten vorrann. Wir müssen es einfach schaffen. Sonst wandelt Borborad wieder in einem Leib aus Fleisch und Blut, als „Mensch“, über Dere.
Die heutige Etappe führte uns bis Beonfirn. Wir wagen alle gar nicht unseren Blick zu den Sternen zu erheben. Nichts Gutes sagen sie voraus. Das Sternenbild ist zur Zeit ähnlich zur Nacht des 2. Rahja, als wir in Dragenfeld kämpften. Werden wir auch dieses Mal wieder „erfolglos“ sein? |