Die Reise zum Blautann
Inhaltsverzeichnis
9. Boron, 2508 Horas
Gegen Mittag erreichten wir heute Baliho. Unsere Speisen bestanden wieder einmal aus Knoblauch, Knoblauch, Knoblauch und Rind, Rind und noch mal Rind. Was anderes kann man hier einfach nicht bekommen. Wie sehne ich mich nach den schmackhaften Speisen im Lieblichen Feld!
Im Travia-Tempel wartete schon ein Schreiben von Herzog Waldemar. Viel Neues erfuhren wir nicht daraus, nur dass sich die Vorfälle im NW mehren. Manche der Sprüche waren uns bekannt, aber haben wir teilweise leicht unterschiedliche Übersetzungen dazu. Vielleicht liegt es daran, dass ibn Jassafer aus dem Gedächtnis rezitierte, oder auch, weil es Übersetzungen in eine andere Sprache sind. So oder so fällt es uns schwer uns wirklich einen Reim auf diese Sprüche zu machen. Noch am gleichen Tag brachen wir wieder auf. Wir kamen bis nach Anderath und übernachteten dort im „Alten Sünder“. |
10. Boron, 2508 Horas
Heute Nacht hatte ich einen Traum. „Mein Gesicht schmerzt. Ich gehe zu einem Teich. Eilig wische ich den Schnee vom Eis, bis eine spiegelglatte Fläche entsteht. In meinem Gesicht sind überall rote Warzen. Ich reiße sie mir runter. Rote Fleischbrocken klatschen in den Schnee. Darunter kommt ein anderes Gesicht zum Vorschein. Ich kenne dieses Gesicht." Doch bevor ich es erkenne, wache ich auf.“ Beim Frühstück erzählte ich meinen Gefährten von diesem Traum, aus dem ich fröstelnd aufgewacht bin. Ginaya und Aridhel waren sehr nett und fürsorglich. Auch sie denken, dass dieser Traum etwas mit dem 2. Gezeichneten zu tun haben könnte. Vielleicht ist es dem 2. Gezeichneten ja möglich Borborad zu erkennen? Vielleicht bereiten sie mich darauf war, das bald ich diese Bürde tragen werde. Auch Ginaya hatte Träume bevor sie zur Gezeichneten wurde. Sie gestand uns auch, sie träume häufig von Folterungen und Liscom. Hoffen wir mal, das es sich dabei nur um „normale“ Alpträume handelt. Er kann doch unmöglich noch leben, oder? Aridhel sprach sich wieder dafür aus zum Nachtschattenturm zu gehen. Die anderen waren aber alles andere als begeistert von dieser Idee. Ich sagte nur, wenn er geht, dann gehe ich mit ihm. Ginaya fuhr mit mir in der Kutsche mit und kümmerte sich liebevoll um mich. Sogar Aridhel „zog es vor“ heute in der Kaleschka zu reisen. Ich war ihm sehr dankbar für seine Fürsorge und Umsicht. Ich weiß, wie unwohl er sich in der beengten Kutsche fühlt, doch überwand er sich, um heute in meiner Nähe sein zu können. Irgendwann kamen wir durch Keilersried, ein winziges Kaff. Torben erkundigte sich nach Verschwundenen. Jedenfalls setzten wir unsere Reise fort. Kurz darauf schien es mir, als hörte ich Torben rufen. Auch Aridhel glaubte es zu hören. Wir riefen Grim zu, er solle anhalten, stiegen aus der Kaleschka und sahen zurück. Torben kletterte gerade von einem Baum herunter. Was trieb er denn dort und warum hatte Grim ihn nicht rufen gehört? Die Kreatur sah einem Tier sehr ähnlich. Es hatte rotes Fell und sah irgendwie wie ein Affe aus. Es hielt Grim im Würgegriff fest, doch der starke Thorwaler konnte sich befreien. Nun sah ich auch, was ihn da angefallen hatte. Es sah aus, wie ein Goblin mit Reißzähnen! Es war ganz nackt und mit einem Speer bewaffnet. Geschockt starrten wir uns alle an. Es gibt also auch Vampire die tagsüber umgehen?! Die Zwölfe mögen uns beistehen! Nun sind wir also nirgends mehr und zu keiner Zeit in Sicherheit! Wir waren erst wieder kurz unterwegs, als wir abseits des Weges Lärm vernahmen. Es kam von einem einsamen Gehöft. Beim Näherkommen sahen wir, dass es in Flammen stand. Eine Horde marodierender Orks war dafür verantwortlich. Mit lautem Kampfgeschrei stürmten wir dorthin. Selbst Ginaya griff zu ihrer Waffe und stürzte sich auf einen Schwarzpelz. Diese Nacht verbringen wir in Schnackenteich. Einem winzigen Dorf. Auch hier die üblichen Berichte, die wir schon kennen. Ein paar Menschen sind seit Praios verschwunden, darunter ein paar Jäger. |
11. Boron, 2508 Horas
Ginaya hatte wieder schlechte Träume. Von Opferungen und Blut und Folterungen. Kinder die sterben. Finstere Mächte werden angerufen und immer wieder sieht sie Liscom.
Wir machten gerade Mittagspause als eine verletzte Frau auf uns zukam und um Verbandszeug bat. Ihr Name war Irma und sie sagte, sie sei Jägerin. Grim kümmerte sich um ihre Wunden, die schwerer zu sein schienen, als wir anfangs gedacht hatten. Er gab uns auch zu verstehen, dass sie Bissmale am Hals hätte. Ich denke wir haben das Richtige getan. Trotzdem bin ich entsetzt darüber, wie schnell meine Freunde und ich bereit waren diese junge Frau zu töten. Sie war ja anscheinend noch kein richtiger Vampir. Vielleicht hätten wir ihr noch helfen können, wenn wir es nur versucht hätten. Wir hätten wohl nicht so überstürzt gehandelt, wenn wir nicht am Tag zuvor diesen seltsamen Vampir getroffen hätten, der sich auch bei Tageslicht frei bewegen konnte. Wir machten uns zur Arögrotte auf, um nach dem Wesen zu suchen, das Irma angefallen hatte. Ihren Leichnam nahmen wir mit, um ihn zu bestatten. Die Kutsche versteckten wir ein wenig abseits vom Weg und die Pferde führten wir mit uns. Das Geräusch von trippelnden Füßchen kam auf uns zu. Und plötzlich waren überall Ratten. Ich versuchte nach ihnen zu treten. Doch nachdem ich ein paar erwischt hatte, rutschte ich plötzlich auf dem eisigen Boden aus und schlug lang hin. Sofort waren die kleinen Biester heran und bissen mich. Auch die anderen hatten einige Probleme sich dieser Plagegeister zu entledigen. Ginaya stürzte ebenfalls und Aridhel rutschte so unglücklich aus, das er sich selbst mit seinem Schwert verletzte. Torben wollte mir gerade helfen, als er plötzlich von hinten angesprungen und umgerissen wurde. Grim eilte ihm zu Hilfe und schlug eine tiefe Wunde in das Tier. Das ließ von seinem Opfer ab und flüchtete in die Gänge. Wie erwartet, konnten wir noch bei seiner Flucht dabei zusehen, wie sich die eben geschlagene Wunde schloss. An der T-Kreuzung holte uns Ginaya ein. Ebenfalls aus etlichen Wunden blutend. Sie war geflohen, während Aridhel noch das Wesen aufhielt. Wir lauschten angestrengt, doch konnten wir keine Schritte vernehmen. Angsterfüllt rannte ich los, dicht gefolgt von meinen Gefährten. Hoffentlich war Aridhel noch am Leben! Wir machten uns auf die Suche nach einem Weiler oder einem kleinen Dorf, wo wir ausrasten und Grim unsere Wunden versorgen konnte. Dieses Mal waren wir nur knapp mit dem Leben davon gekommen. Wenn auf der Acheburg wirklich ein Erzvampir lebt, wie sollen wir den nur bekämpfen, wenn wir schon hier scheitern? |
12. Boron, 2508 Horas
Wir waren nicht lange unterwegs, da erreichten wir Burg Rhodenstein. Hier befindet sich der Sitz des „Heiligen Ordens zur Wahrung“. Das Schwert der Schwerter – Dragosch Corrhenstein von Sichelhofen – weilt zur Zeit aber leider nicht hier. Auch hier weiß man nur, dass er mit einigen Männern und Frauen in den Finsterkamm zog, um gegen die Orks zu kämpfen. Der Burgsess Norre von Bjaldorn nahm uns freundlich auf. Zur Zeit weilen rund 300 Frauen und Männer in und vor der Burg. Hier befindet sich nämlich das Winterlager der Heeres. Ich gab ihm die 22 Dukaten, die ich bei den toten Orks gefunden hatte, „für die Kriegsveteranen des Orkkrieges“. Er bedankte sich sehr freundlich. Aridhel war heute schon den ganzen Tag sehr gut gelaunt. Er umarmte und küsste mich immer wieder und schenkte mir jedes Mal, wenn ich zu ihm hinsah, ein strahlendes Lächeln. Am Abend sprach ich ihn darauf an und er erzählte mir, Simia wäre ihm im Traum erschienen. In hellem Licht fügte sie sechs Schwerter zusammen und schließlich kam noch ein letzter – siebenter – Teil dazu und etwas war wieder vereint. Ich muss nun die Feder endlich ruhen lassen. Morgen wird ein mühsamer Tag. Grim und ich werden die hiesige Bibliothek – die größte Weidens – durchforsten, während sich die anderen zum Blautann und der Hexe Luzelin begeben werden. |