Formatvorlagen      Chronik      Charaktere      Tagebücher      Gespielte Abenteuer     

Kampf auf Turm Drachentodt

Aus Avesfeuer
Wechseln zu: Navigation, Suche
Tagebuch Übersicht
Chronik Kapitel
2498 Horas Von Neersand auf nach Vallusa
ING 2498 Horas Die Amazonengöttin
ING - PRA 2498 Horas Von Vallusa auf nach Greifenfurt
2498 Horas Von Neersand auf nach Vallusa
PRA 2498 Horas Die Abtei der Borbaradianer
HES - FIR 2499 Horas Zusammentreffen mit Asleif Phileasson
FIR - TSA 2499 Horas Der Wettstreit beginnt
ING 2507 Horas Wiedersehen in Baliho
ING 2507 Horas Der Aufbruch in die Sichelwacht
ING 2507 Horas Die Drachenpforte
RAH 2507 Horas Kampf auf Turm Drachentodt
RAH 2507 Horas - PRA 2508 Horas Aufenthalt in Weiden
RON - EFF 2508 Horas Nachforschungen über Borbarad
TRA 2508 Horas Einladung von Herzog Waldemar von Weiden
TRA 2508 Horas Unterwegs im Auftrag des Weidener Herzogs
TRA 2508 Horas Begegnung mit einem Vampir
TRA - BOR 2508 Horas Die Jagd beginnt
BOR 2508 Horas Das Mal des Vampirs
BOR 2508 Horas Versöhnung mit Aridhel
BOR 2508 Horas Die Reise zum Blautann
BOR 2508 Horas Die bunte Elfenkatze

2.Rahja, 2507 Horas

Als wir völlig erholt im Tsa-Tempel aufwachten, war es draußen noch stockfinster. Wir hatten anscheinend nur ein paar Stunden geschlafen. Wir begannen also damit uns ein wenig umzusehen, in der Hoffnung irgendwelche nützlichen Aufzeichnungen von Laniare zu finden, die etwas Licht in die Ereignisse bringen würden.

Der Tempel war bunt und voller Darstellungen der jungen Göttin, so wie man es eben erwarten würde. Wir durchsuchten also die Sakristei, die Privatgemächer, die Küche und die Speise. Nach wie vor nagte nämlich unglaublicher Hunger an uns. Wir fanden ein Tagebuch, so eine Art Vokabelheft mit seltsamen Symbolen, ein paar andere Aufzeichnungen, Tränke (aus der Sakristei) und natürlich was zum Essen.

Ginaya hatte sich inzwischen die Sterne ein wenig näher angesehen. Sie meinte, dass die Konstellation sehr seltsam und ungewöhnlich wäre. Diese Nacht wäre äußerst günstig, um Großes zu vollbringen.
So wie es aussah, hatten wir also nicht mehr viel Zeit. Korobar und ben Seyshaban würden sicher heute versuchen ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen. Wir beeilten uns damit, die gefunden Dinge zu untersuchen.

Im Tagebuch erfuhren wir, dass sich die junge Geweihte, auf die Lockungen von Hamid hin, Z´zah zugewandt hatte. Sie hatte sich bei ihrer Ankunft in Dragenfeld nicht sehr wohl gefühlt. Sie kam mit den Dorfbewohnern nicht so wirklich zurecht und da tauchte eines Tages dieser Tulamide auf. Trotz seines erschreckenden Äußeren – er war furchtbar verbrannt, trug eine Augenklappe und roch trotz starken Duftwassers sehr unangenehm – gewann sie Vertrauen zu ihm.
Hamid ben Seyshaban gab ihr den LZS, – den Liber Zsamorum Satinav (das wir übrigens auch bei ihren Sachen gefunden haben) und lehrte sie Echsisch – dafür also das Vokabelheft.
Sie fand Gefallen an den Lehren der Z´zah und begann H´Rangische Liturgien zu sprechen. Im Frühjahr bat sie dann um den „Großen Segen“, den sie für so eine Art Frühlingssegen hielt. Er war sehr kompliziert und Zweifel überkamen sie, vor allem da ihr Lehrer sie alleine gelassen hatte damit, doch glaubte sie ihr Zaudern wäre Frevel.
Anfangs gedieh alles prächtig. Die Bäume begannen frühzeitig zu blühen, sie konnten Äpfel und Erdäpfel lange vor der Erntezeit einholen und selbst die Kinder kamen nach kürzerer Zeit als gewöhnlich auf die Welt, erfreuten sich aber dennoch bester Gesundheit.
Doch dann tauchten die ersten seltsamen Blüten und Früchte auf. Gar hässlich anzusehen waren sie. Alles wuchs unglaublich schnell, um genauso schnell wieder zu verblühen und schließlich zu verfaulen. Das Land begann zu verdorren und Missgeburten mit zwei Köpfen und anderen Entstellungen wurden geboren.
Da erkannt Larinare, dass sie vermutlich einem raffiniertem Schwindel aufgesessen war. Ihr vermeintlicher Freund Hamid ben Seyshaban hatte sie anscheinend nur für seine Zwecke benutzt. Zu dieser Zeit hatte sie einen Traum, dass auf Drachentodt ein große Beschwörung statt finden werde. Sie bereute ihr Handeln und betete inbrünstig zu den Zwölfen um Vergebung und opferte sich schließlich selbst auf dem Scheiterhaufen.

Umso mehr ich über Hamid ben Seyshaban erfuhr desto stärker wurde mein Gefühl, dass es sich bei ihm vielleicht um Liscom von Fasar handeln konnte. Natürlich war er tot, aber diese Prophezeiungen... Versuchte der „tote“ Diener vielleicht seinen Meister – den gebannten Borborad – zu rufen?

Torben fand ein Pergament. Darauf stand das geschrieben, was wir in einer Vision in der Gor gesehen hatten. Es waren die Worte Rohals mit denen er einst Borbarad in den Limbus schleuderte. Außerdem entdeckten wir ein wenig andere Übersetzungen unserer Prophezeiungen.
Wir fühlten uns in unseren Vermutungen bestätigt und das bedeutete das wir schnell und entschlossen handeln mussten. Wir packten schweigend unsere Sachen, doch bevor wir den Tempel verließen, bat ich meine Freunde zu einem Gebet. Hier, in dieser heiligen Stätte konnten wir vielleicht die Zwölfe um ihren Beistand bitten.

Ihr Herrinnen und Herren Tsa, Phex, Rondra und die Neun!
Flehentlich erbitten wir euren Beistand in dieser Stunde der Not.

Ewigjunge Herrin Tsa, deren Gnade die Schutzlosen beschützt, wir bitten Dich, schenke uns ein wenig von Deiner göttlichen Kraft, dass wir nicht dem Bösen anheim fallen mögen. Bewahre uns vor finsteren Einflüsterungen, so dass wir es vermögen unseren Weg selbst und frei zu wählen.
Tsa sei mit uns!

Phex, mein Herr, sei uns in dieser finstersten Nacht der Stern, der uns den richtigen Pfad erkennen lässt. Den Sterblichen schenktest Du einst das Glück. Schenke nun auch uns davon und wir werden es Dir danken.
Phex sei mit uns!

Mutige Herrin Rondra, deren Schwert keine noch so schlimmen Schrecken fürchtet, verleihe uns das Herz einer Leuin. Sei unsere Standhaftigkeit und Stärke, das wir unseren Feinden mutig die Stirn bieten mögen.
Rondra sei mit uns!

Nicht fürchten wollen wir unser Schicksal, halten die Götter schützend ihre Hand über uns.
Die Zwölfe seien mit uns!

Ergriffen standen meine Gefährten und ich da und in diesem Moment spürte ich ganz deutlich, dass wir nicht auf uns alleine gestellt waren. Etwas von hier drinnen würde mit uns gehen. Und ich glaube auch meine Freunde haben es gespürt. Entschlossen traten wir zur Tür.

Draußen konnte ich im ersten Moment kaum atmen. Etwas zerrte an uns und raubte uns die Luft. Mühsam stapften wir vorwärts. Unsere Haut wurde rissig, unsere Haare spröde und unsere Glieder schmerzten. Der Turm war so nah und doch fürchtete ich ihn nie zu erreichen. Und dann waren wir da.

Drachentodt selbst war auch in erbärmlichem Zustand, alles zerfallen und morsch. Die Stahltür zum Turm war verschlossen und obwohl meine Finger schmerzten, stellte das Schloss keine große Herausforderung für mich da. Phex sei Dank! Den oben auf dem Turm war Korobar erschienen, der uns Schmähungen und Verwünschungen zurief. Auch er sah irgendwie älter aus. Dann hörte ich, wie er die Schergen Thargunitoths rief und ich beeilte mich die Tür aufzustoßen. Drinnen sahen wir ein Banner vom Erzrivalen Borons und klimpernd stapfte ein Rüstung auf uns zu. Aridhel, Grim und ich griffen das Ding sofort an.
Als ich neben mir einen Kampfschrei – wie ihn wohl nur ein Thorwaler ausstoßen kann – vernahm, beeilte ich mich, mich zu ducken. Gerade rechtzeitig, denn über meinen Kopf raste Grims Axt – mit der er in weitem Bogen ausholte – hinweg und traf mit tödlicher Wucht sein Ziel. Bei Rondra war das ein Schlag! Klirrend fiel die Rüstung zu Boden. Dabei öffnete sich das Visier einen Spalt und dahinter kam ein Skelett zum Vorschein. Ich wollte Grim gerade zu seinem Schlag gratulieren, doch der stand schon längst nicht mehr neben mir. Ich musste unweigerlich grinsen. Er hatte anscheinend nicht nur Angst vor Toten und wandelnden Leichen sondern auch vor Skeletten.

Von oben hörten wir ein Klimpern. Torben und Grim stürmten die Treppe hinan. Drei weitere Skelette verstellten uns den Weg. Unsere Position war so unglücklich, dass nur die Thorwaler kämpfen konnten. Schließlich kletterten Aridhel und ich an der Seite hoch. Gemeinsam konnten wir sie dann recht schnell überwältigen, aber Grim und Torben waren übel zugerichtet.
Ginaya verabreichte Grim einen Heiltrank und Torben probierte eines der unbekannten Fläschchen aus dem Tsa-Tempel aus. Schaden konnte es wohl nicht. Keine Ahnung, ob er sich danach besser fühlte, jedenfalls roch er das erste Mal, seit ich ihn kenne, nicht nach Schnaps oder Bier.

Im 2. Stock waren Kreidestriche auf den Boden gemalt. Sie waren mit 1. und 2. Kette Satinavs und Hexenband beschriftet. Wir betrachteten die Zeichen noch misstrauisch, als ich ein Surren in der Luft hörte. Und dann, Schmerz! Ein Bolzen steckte tief in meinem Arm. Irgendjemand hatte von der Wendeltreppe aus geschossen.
Zwei der Formidablen Sechs lauerten am Treppenabsatz. Ginaya gelang es eine von ihnen zu paralysieren und gemeinsam bekämpften wir den übriggebliebenen Zwerg. Durch eine Unachtsamkeit während des Kampfes, hatte er meine noch unverletzte Schulter übel getroffen. Der Stoff meiner Bluse hatte nur einen leichten Riss, aber ich konnte fühlen, wie warmes Blut meinen Arm hinab rann und es fiel mir schwer mein Rapier zu halten.

Zwei Leitern führten in den letzten Stock, indem sich Korobar aufhalten musste. Torben und Grim kletterten vor und Aridhel und ich folgten. Ich war noch nicht oben angekommen, da hörte ich einen Rums. Torben krachte durch die morschen Dielen, schlug im 2. Stock auf, um auch hier wieder durchzubrechen. Ginaya machte sofort kehrt und sah nach unserem, sicher schwer verletzten Freund.
Ich hörte Grim oben fluchen und nur kurz darauf, der zweite Rums. Diesmal ungleich lauter. Grim und Korobar segelten eng umschlungen an mir vorbei, um ebenso wie Torben durch den Boden zu brechen und im unteren Stockwerk zu landen.
Mit großen Sätzen rannte ich hinunter. Die zwei rappelten sich soeben wieder auf. Korobar murmelte irgendetwas. Grim verpasste ihm eine. Ginaya und ich stürzten hinzu und ließen unsere Waffen sprechen. Er hatte seine Zauberformel noch nicht vollendet, als er tot zusammen sank.

Ich sah mich um und bemerkte, dass Aridhel fehlte. Also ging ich wieder in den 3. Stock hinauf, um nach ihm zu suchen. Er kauerte oben und brabbelte etwas von „Turm so hoch, schmal und eng“, und vieles andere, was ich nicht verstand. Ich versuchte ihn zu beruhigen, hatte damit aber kaum Erfolg. Korobar hatte wohl einen dieser üblen Borbaradianersprüche auf ihn geschleudert. Ich erinnerte mich an das Fläschchen aus dem Tsatempel, was ich noch eingesteckt hatte und flößte es ihm vorsichtig ein. Vielleicht konnte die junge Göttin mehr für ihn tun. Danach schulterte ich ihn und trug ihn vorsichtig ins Erdgeschoss, wo die anderen schon warteten.

Es gab nicht mehr viele Möglichkeiten, wo sich Hamid ben Seyshaban (oder Liscom?) aufhalten konnte. Ginaya, Grim und ich starrten auf die Kellerluke im Boden. Ich öffnete sie und wir stiegen hinab. Torben – der sich kaum auf den Beinen halten konnte – und Aridhel blieben oben.
Unten fanden wir uns in so einer Art Empfangsraum wieder. Ein Tisch mit einigen Stühlen stand in der Mitte, ein Teppich lag am Boden und Regale standen an der Wand. Auf dem Tisch befanden sich zwei Elfenbeinstatuen. Eine grässlicher als die andere. Die eine zeigte eine 13-gehörnte Gestalt und die andere irgendeine Hornechse. Ansonsten konnten wir nichts entdecken.
Ich wollte gerade die Unheiligen Darstellungen zerstören, als just indem Moment eine Nachricht an der Wand erschien: „Weiche zurück, oder stirb, Verdammter!“ Wir fuhren alle erschreckt zurück, atmeten tief durch und begannen erneut mit unserer Suche. Unter dem Teppich fand ich ein Zeichen, von dem Ginaya sagte, es wäre magisch. Wut gärte in mir und trotz Ginayas angsterfülltem Protest, schnappte ich mir einen Stuhl und zertrümmerte die Elfenbeinstatuen.
Beim weiteren Suchen entdeckte ich ein Kreidezeichen an der Wand. Es verriet uns, das wir irgendetwas nicht entdecken sollten. Etwas wurde also magisch vor unserem Blick beschützt. Da kamen Torben und Aridhel die Treppe hinab. Aridhel hatte sich wieder gefangen und wie es aussah Torben geheilt. Ich schritt zu dem Elfen und bat ihn für mich dasselbe zu tun. Beide meiner Arme waren böse verletzt und in einem Kampf wäre ich so nur eine geringe Hilfe gewesen. Traurig gab er mir jedoch zu verstehen, dass er derzeit nichts für mich tun könne.
Torben hatte sich ein wenig umgesehen und tatsächlich eine Treppe entdeckt, die uns anderen bisher verborgen geblieben war.

In dem Raum unter uns, gab es nur eine Falltüre, die von einem seltsamen Heptagramm beschützt war. Das Zeichen bedeutete etwas mit Schutz und Wache. So wie es aussah, wurde diese Türe von einem Wächterdämon beschützt. Alles andere als eine gute Nachricht. Waren doch die meisten von uns stark verletzt worden in den vorigen Kämpfen. Wieder einmal verfluchte ich es, dass meine Waffen nur gewöhnliche Schneiden waren und keine Segnung von den Göttern erhalten hatten.
Nun bat ich Ginaya mir mit ihren Fähigkeiten zu helfen und sie legte mir bereitwillig ihre Hände auf und verschloss eine der tiefen Wunden. Danach positionierten wir uns und Aridhel öffnete die Luke. Seine Schwerter waren magisch verstärkt und würden diesem Dämon wahrscheinlich schlimmer zusetzen als unsere.
Es dauerte ein paar Sekunden und dann manifestierte sich diese Ausgeburt der Niederhöllen. Natürlich am denkwürdig ungünstigsten Platz. Aridhel schloss die Klappe wieder und das Wesen verschwand. Wir versuchten es wieder und wieder, bis wir verstanden, dass die Aufgabe des Dämons nur darin bestand, dafür zu sorgen, das diese Türe zu blieb.
Grim hatte die gute Idee, das wir es einmal mit Korobars Arm versuchen sollten. Also schleppten wir seine Leiche herunter und öffneten mit Hilfe seiner Gliedmaßen die Klappe. Gespannt hielten wir den Atem an. Und wirklich, diesmal geschah nichts.
Unter der Luke befand sich ein eigenartiges, graues, waberndes Ding. Kugelförmig schien es zu sein und in der Mitte schwebte ein dreizehnzackiger Stern. Ein wenig ratlos sahen wir uns an. Keine Ahnung, was das darstellen mochte.
Vorsichtig ließ ich mich durch die Öffnung hinunter. Als ich die Oberfläche berührte, durchzuckte mich ein Schmerz. Aridhel hieb mit Korobars Stab auf das Etwas ein und es gab ein Zischen von sich. Ernst sah er uns an und forderte uns auf den Raum zu verlassen. Er hatte ein sehr schlechtes Gefühl bei diesem Ding und niemand von uns wusste, was geschehen würde, wenn wir es zerstören. Keiner rührte sich. Wir waren gemeinsam hierher gekommen und gemeinsam würden wir den Weg zu Ende gehen. Ginaya kniete sich hin und tat es Aridhel gleich und hieb mit ihrem Stab auf die wabernde Oberfläche.

Und dann, nach einigen Hieben, dehnte sich das Grau plötzlich aus und verschlang uns alle. Wir fielen. Ängstlich versuchten wir die Hände der anderen zu erreichen, um uns nicht zu verlieren. Schmerzen. Ich fühlte mich, als ob etwas an mir saugen würde. Was hatte das nur zu bedeuten? Wo waren wir bloß gelandet?
Dann sahen wir in weiter Ferne ein Strahlen. Wir wollten dorthin. Kaum gedacht, bewegten wir uns auch schon in die Richtung. Wir fielen, gingen, schwebten, trieben eine halbe Ewigkeit. Und dann konnten wir die Quelle des Strahlens erkennen. Es war ein dreizehnzackiger Beschwörungskreis. Nie werde ich diesen grausigen Anblick mehr vergessen können!
An jeder der 13 Spitzen saß ein Mensch – angekettet wie ein Tier. Das Gesicht vor Schmerzen verzerrt. Die Wangen eingefallen, die Haut spannte sich über die Knochen wie Pergament. Die Augen quollen angesichts der unerträglichen Pein, die ihnen zugefügt wurde, aus ihren Höhlen hervor. In der Mitte stand eine Gestalt in einen schwarzen Kapuzenmantel gehüllt und einen roten Kristall hoch haltend.
Ich ließ die Hände meiner Freunde los und steuerte auf den Beschwörer zu. Beim Näherkommen sah ich, das die Gestalt vor langer Zeit böse Verbrennungen erlitten hatte und seine linke Augenhöhle war leer. Trotzdem wusste ich sofort, wen ich hier vor mir hatte. Liscom von Fasar! Also doch.
Vor unseren Augen begann er sich zu verjüngen. Ich zog mein Schwert und hackte Liscom den Arm mit dem Kristall in der Hand ab. Torben stieß ihm seinen Anderthalbhänder ins Herz und hackte weiter auf den Leichnam ein. Ginaya hielt den Rubin in Händen.
Überall um uns herum strömte Macht. Die Menschen waren weiterhin Gefangene ihrer Qualen. Ich tat es Aridhel gleich und begann einen nach dem anderen zu töten. Erlösung stand in ihr Gesicht geschrieben in dem Moment, als sie starben.
Dann wurden die Schmerzen immer unerträglicher für mich. Ich konnte die Urgewalten spüren. Mein Leben zog an mir vorbei. Meine Kindheit in Vinsalt, das verschmitzte Lächeln meines geliebten Cronar, die Reise mit Asleif und meinen Freunden, die wundervollen Nächte mit Aridhel. Ich spürte tiefe Zufriedenheit und dann schwanden mir die Sinne.

3. Rahja, 2507 Horas

Ich erwachte von einem warmen Sonnenstrahl, der sanft meine Nase kitzelte. Noch immer fühlte ich diese Zufriedenheit in mir. Es hätte ein schönes Erwachen sein können, doch dann bemerkte ich, das etwas nicht stimmte. Kein Vogelgezwitscher drang an mein Ohr, wie man es an einem so schönen Tag erwartet hätte. Und dann kehrte die Erinnerung wieder. An die letzten Tage, an all die Schrecken, die wir erlebt hatten. Ich stöhnte und wollte mich aufrichten, doch sank ich gleich wieder zurück.

Ich fühlte mich alt und schwach. Jeder einzelne Knochen in meinem Körper schmerzte, meine Wunden brannten. Vorsichtig drehte ich den Kopf. Ich befand mich wieder im Tsatempel. Da lagen auch Aridhel und Ginaya und Torben und Grim. Erleichtert atmete ich auf. In der Mitte bemerkte ich eine Gestalt. Delian von Wiedbrück! Langsam richtete ich mich auf. „Wie seid Ihr hierher gekommen? Und was machen wir hier im Tempel?“
Delian war nur kurz mit den Dorfbewohnern mitgezogen und dann umgekehrt, um sich den Schrecken hier zu stellen. Er hatte uns gestern früh beim Turm gefunden und uns in den Tsatempel geschleppt und, so gut es ihm möglich war, unsere Wunden versorgt. Außer uns hat er niemanden dort gesehen.
Etwas war anders an ihm. Ich schaute genauer hin und dann bemerkte ich es. Er war alt geworden! Seine Haare glänzten weißsilber. Ich sah zu meinen Gefährten und hätte fast erschreckt aufgeschrien. Torbens Haare waren von weißen Strähnen durchzogen. Sein Gesicht faltig und seine Augen blass. Auch Grim hatte sich verändert, wenn auch nicht so stark wie Torben. Lustige Fältchen umspielten seine Augen und seinen Mund. Ginaya, die noch am schlafend am Boden lag, sah aber am Schlimmsten aus. Ihre Haare glitzerten weiß und tiefe Furchen zogen sich über ihr Gesicht. Besonders ihre Stirn war betroffen. Sie legte sie ja auch ständig in Falten.
Nur Aridhel sah wie immer aus, jugendlich und zart. Ängstlich strich ich meine Haare über meine Schulter. Phex sei Dank! Sie leuchteten noch immer in dem kräftigen Rot, das Aridhel so sehr gefiel. Zaghaft betastete ich mein Gesicht. Ich spürte feine Fältchen um die Augen und meine Haut war trocken und spröde. Wie war das nur geschehen?

In diesem Moment wachte Ginaya auf. Sie brauchte lange um zu verstehen, wo sie sich befand und das wir alle bei ihr waren. Überhaupt wirkte sie sehr verwirrt und fahrig. Wir löcherten sie mit Fragen und sie begann stockend zu erzählen. Sie war der Gestalt begegnet, die von Liscom beschworen worden war – der Bethanier! Sein Geist war durch sie hindurchgefahren und in diese Welt zurück gekehrt. Sie fühlte sich gezeichnet und auf eine seltsame Weise war ihr Schicksal nun anscheinend mit seinem verbunden. Ist sie wirklich die erste Gezeichnete, so wie es in den Prophezeiungen steht?

5.Rahja, 2507 Horas

Der Rückweg ist mühsam. Die Wunde der Welt scheint sich geschlossen zu haben, aber die Verwüstung bleibt zurück. So schweigsam wie in diesen Tagen war unsere Gemeinschaft wohl noch nie. Wir haben auf diesem Berg viel verloren. Jahre unseres Lebens, unsere Unbeschwertheit, vielleicht sogar eine Gefährtin. Und ER ist nun wieder auf Dere? Das kann alles nicht sein!

7.Rahja, 2507 Horas

Wir haben heute unsere Pferde wieder gefunden. Die armen Tiere sind mehr oder minder wohlauf. Sie scheinen nur auch ein bisschen älter geworden zu sein.

Endlich haben wir die Zone der Zerstörung verlassen. Bis zur Abzweigung zum Zollhaus reichte sie.

Ich sitze alleine auf meinem Zimmer in Anderath. Ein Alptraum schreckte mich auf. Ich sah wieder die schmerzverzerrten Gesichter von Liscoms Opfern. Ich wünschte Aridhel wäre hier und würde tröstend seinen Arm um mich legen, aber er ist mit Ginaya vorgeritten nach Anderath. Ihr linkes Auge hat sich böse entzunden und sie litt unter starken Kopfschmerzen. Sie meinte auch, dass sie alles in einem leichten Grauschleier wahrnehmen würde.
Ist es Zufall, dass Liscoms linke Augenhöhle leer gewesen war und nun eben jenes Auge Ginaya Probleme bereitet? Wir waren jedenfalls alle sehr besorgt um sie und Aridhel bot ihr an Dhawyn zu rufen und mit ihr vorzureiten.

9.Rahja, 2507 Horas

In Salthel trafen wir auf Aridhel und Ginaya. Einige der Praiosgeweihten sind hier und das Treffen zum 15. Rahja wird nun hier statt finden. Ginayas Auge konnte bisher nicht geholfen werden und mittlerweile scheint es schlimmer geworden zu sein.

Nachdem wir uns ein wenig gestärkt hatten, gingen wir zu Amando Laconda da Vanya und berichteten ihm in groben Zügen, was wir erlebt hatten. Er hörte uns ruhig zu und sagte nur wenig zu alldem. Die richtige Besprechung wird wohl erst Mitte Rahja, wenn alle Untersuchungstruppen zurück sind, abgehalten werden.

Weder von Mutter Linai noch von einem der Dorfbewohner gibt es irgendeine Spur. Wir wagen es alle nicht auszusprechen, aber es dürfte keine Hoffnung mehr für sie geben. Hoffentlich konnte sich Boron an diesem unheiligen Ort ihrer Seelen annehmen.

15. Rahja, 2507 Horas

Morgen brechen wir auf. Bloß weit weg von diesen Bannstrahlern!

Ucurian Jago traf heute mit seinen Leuten ein, oder besser gesagt mit denen, die noch übrig waren. Bei einer großen Versammlung erzählten wir, wie es uns ergangen war. Von den Untoten Korobars, von Liscoms Beschwörung im Turm und seinen dunklen Absichten seinen Meister wieder in die Welt zurück zu holen.
Raunen ging durch die Menge der Praioten. Plötzlich schrie Jago: „Auf den Scheiterhaufen mit ihnen,“ und andere Bannstrahler stimmten in diesen Ruf mit ein. „Ketzer, ein Fall für die Noioniten“, und dergleichen wurden wir genannt. Diese Praioten! Wollten die Wahrheit wissen und sie doch nicht hören.
Da stand da Vanya auf und brachte die aufgebrachte Schar zum Schweigen. „Niemand wird hier auf dem Scheiterhaufen verbrannt.“ Auch von Wiedbrück meldete sich zu Wort und bestätigte unsere Geschichte, wie wir ihn vor Korobars Untoten beschützt haben.
Ihnen beiden ist es wohl zu verdanken, das wir ohne weiteres Verhör ziehen durften. Und genau das werden wir auch tun. Bloß weg von hier! In Zukunft müssen wir unsere Zunge hüten, zumindest solange wir keine handfesten Beweise für unsere Behauptungen haben.