Unterwegs im Auftrag des Weidener Herzogs
21. Travia, 2508 Horas
Heute treten wir also unseren Dienst im Namen des Herzogs an. Hoffentlich können wir bald herausfinden, wer für das Verschwinden der vielen Leute verantwortlich ist. Nach dem Frühstück wird uns Oberst Geldor von Eberstamm-Mersingen instruieren. Danach brechen wir Richtung Süden nach Braunsfurt auf.
Ich sitze gerade mit Grim und Ginaya in einer sehr komfortablen Kaleschka, die uns der Herzog samt Kutscher zur Verfügung gestellt hat. Bevor wir Braunsfurt erreichten, passierten wir ein kleines Kaff namens Eichenau. Es ist sehr bekannt, weil sich hier ganz in der Nähe das berühmte Gestüt Mersingen-Weberath befindet. Wir hielten uns aber nicht lange auf, wollten wir doch noch bis am Abend die Stadt an der Mündung des Braunswassers und des Pandlarils erreichen. Im Gasthaus „Zur steilen Brücke“ nahmen wir unser Abendmahl ein und beratschlagten, was weiter zu tun wäre. Wir werden nach Süden reisen, in Richtung Baliho. Mal sehen, was wir auf dem Weg dorthin herausfinden können. Die Nacht blieb nicht ganz ereignislos. Als das Madamal gerade am höchsten stand, weckte mich Ginaya aus meinen süßen Träumen. Sie und Grim standen zankend an meinem Bett. Anscheinend beschuldigte sie ihn, sie in den Schnee hinaus getragen zu haben, was er vehement bestritt. Sie sei geschlafwandelt, behauptete er. Was ist denn nur bloß mit Ginaya los? Wie kommt sie auf so eine verrückte Idee, dass ihr Ehemann sie mitten in der Nacht in diese eiskalte Winterlandschaft hinausgetragen haben soll? Und ihr Auge hat auch schon wieder so komisch gefunkelt... |
22. Travia, 2508 Horas
Als ich heute Morgen aufstand und beim Fenster hinaussah, wusste ich schon, das dieser Tag nichts Gutes bringen würde. Draußen schneite es in dicken Flocken. Man konnte es als regelrechtes Schneegestöber bezeichnen. Aridhel und Torben ritten trotz des scheußlichen Wetters, während wir anderen die Kaleschka nutzten. War ich vielleicht froh, dass der Herzog uns diese Kutsche zur Verfügung gestellt hat!
Gegen Mittag erreichten wir ein kleines Dorf namens Ifirnskappeln. Wir kehrten für eine kleine Stärkung im „Roten Stier“ ein. Die Wirtin erzählte uns, dass im Norden, bei den Blaufüchsen, zwei Leute verschwunden seien. Die Frau wurde erschlagen aufgefunden. Von Mann und Sohn fehlt jede Spur. Blaufüchsen. Blaufüchsen? Woher kannte ich bloß diesen Namen? Das Gehöft lag verlassen dar. Man hatte anscheinend alles so gelassen, wie man es vorgefunden hatte, denn im Wohnbereich konnten wir noch Kampf- und Blutspuren ausmachen. Torben entdeckte mit seinen scharfen Augen eine Schleifspur, die in Richtung Wald führte. Die Spur war schon alt und kaum noch zu erkennen – vor allem wegen des Schneegestöbers, das heute eingesetzt hatte – aber Torben folgte ihr unbeirrt. Nachdem wir den Leichnam notdürftig bestattet hatten, folgten wir einem kleinen Pfad nach Isenhöh, um der zweiten Geschichte der Wirtin des „Roten Stiers“ auf den Grund zu gehen. Diese Weidener sind ein schwieriges Völkchen. Misstrauisch Fremden gegenüber und voller Aberglaube, sind sie schwer dazu zu bewegen einem über die Dinge, die sich hier ereignen, Auskunft zu geben. Wären wir nicht so eindeutig, als Gesandte des Herzogs erkennbar, würden wir gar nichts erfahren. Am Ende würde man uns sogar noch verjagen, weil wir mit einem Elfen reisen. Manche dieser Tölpel scheinen davon überzeugt zu sein, das Aridhels Volk am Verschwinden der Menschen hier schuld seien. Sie und die Orks, und die Trolle, und die Hexen, und die Harpyien, und wer weiß wer sonst noch alles... Inzwischen war es spät geworden. Wir hatten im Haus des Händlers Alberan nach dem Rechten gesehen, weil Arbolf meinte, dass er ihn schon einige Tage nicht mehr gesehen hatte. So wie es in seinem Haus aussah, dürfte er aber einfach nur abgereist sein. |
23. Travia, 2508 Horas
Eine kurze Nacht liegt hinter uns. Es dürfte wohl gerade die Tsastunde angebrochen gewesen sein, als ich plötzlich aus dem Schlaf hoch schreckte. Ich spürte ein Kribbeln im Nacken. Irgendetwas stimmte nicht. Ich sprang hoch, griff nach meiner Waffe – die wie immer neben dem Bett lag – und sah mich im Raum um. Jemand, oder etwas, hatte mich beobachtet. Es war kalt im Zimmer. Ich sah, das die Fensterläden sperrangelweit offen standen. Am Fensterbrett waren eigenartige Spuren im Schnee, wie menschliche Füße, nur anstatt der Zehen sah man hier Krallen. Ich weckte Aridhel und lief ins andere Zimmer zu meinen Gefährten, um nach dem Rechten zu sehen und sie auch zu wecken. Wir konnten aber weder draußen noch drinnen etwas Ungewöhnliches entdecken und fanden auch keine weiteren Spuren. Bei dem Schneegestöber aber auch kein Wunder. Das Seltsamste an den Abdrücken auf dem Fensterbrett war, dass Aridhel und mein Zimmer im 1. Stock lag. Wer oder was hatte also die Spuren verursacht, und wie war er hier heraufgekommen? Nach einem kleinen Frühstück haben wir uns das Grab von Bauer Ludger angesehen. Es war aufgewühlt und eigenartig war, in der Nähe lag Staub oder so was wie Asche. Ansonsten konnten wir keine weiteren Anhaltspunkte finden. Nach wie vor kamen wir nur langsam voran, denn das Schneegestöber mochte einfach nicht aufhören. Ich beneide Aridhel und Torben, die nach wie vor neben der Kaleschka herreiten. Wir sind heute noch bis Anderath weitergereist. Übernachten werden wir in der Schenke „Zum alten Sünder“, die uns schon mehr als einmal Herberge war. Die Wirtin hat uns gleich freundlich begrüßt und uns die besten Zimmer gegeben, die sie hat. Zwei Zimmer die nebeneinander liegen und eine Verbindungstür haben. Aridhel und ich nehmen den einen Raum; Grim, Torben und Ginaya teilen sich den anderen. |